Das Handelsabkommen zwischen Kanada und der EU, CETA, muss laut einem Gutachten der Parlamentsdirektion vom österreichischen Nationalrat genehmigt werden. Es handle sich bei CETA nicht um ein reines Handelsabkommen, sondern um ein gemischtes Ankommen, weil auch nationale Kompetenzen betroffen sind. Ändern können die Abgeordneten den Abkommenstext aber nicht mehr, nur ihre Zustimmung verweigern.
CETA sei "als völkerrechtlicher Vertrag auch von allen Mitgliedsstaaten nach deren innerstaatlichen Regelungen zu ratifizieren", erklärte die Parlamentsdirektion am Freitag. Dem österreichischen Parlament kämen auch in Bezug auf die CETA-Beschlüsse im EU-Ministerrat weitreichende Mitwirkungsrechte zu. So müssten die Abgeordneten vom zuständigen Regierungsmitglied über geplante Entscheidungen "unverzüglich" unterrichtet werden. Nationalrat und Bundesrat können dann dazu Stellung nehmen.
Einstimmigkeit fraglich
Der Nationalrat könne auch das Abstimmungsverhalten von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bzw. Kanzler Christian Kern (SPÖ) in Brüssel bestimmen.
Fraglich sei die Einstimmigkeit bei Beschlussfassungen im Rat der EU. Grundsätzlich brauche es bei völkerrechtlichen Abkommen nur eine qualifizierte Mehrheit. "Wenn es im Abkommen aber auch nur eine Materie gibt, die nach Unionsrecht Einstimmigkeit erfordert, müssen im Rat die Beschlussfassungen während des gesamten Verfahrens einstimmig erfolgen."
Auch auf die vorläufige Anwendung von CETA geht das Gutachten ein: Ein Ratsbeschluss über die vorläufige Anwendung würde bewirken, dass aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts Teile von CETA schon vor Inkrafttreten des Abkommens in den Mitgliedsstaaten anzuwenden sind. "Dies kann jedoch nur Teile betreffen, die in die alleinige Zuständigkeit der EU fallen. Eine vorläufige Anwendung der mitgliedsstaatlichen Teile von CETA vor Genehmigung durch das Parlament ist in Österreich aus bundesverfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen."
EU-Kommission vertritt andere Meinung
Im Gegensatz zu Österreich ist die EU-Kommission nach wie vor der Meinung, dass es sich bei CETA um ein reines Handelsabkommen handelt, das nicht der Zustimmung aller 28 Mitgliedsländer bedarf. In Österreich sind viele der Meinung, dass mit der Einführung des bereits ausverhandelten Abkommens zwischen Kanada und der EU das umstrittene TTIP (Abkommen mit den USA) durch die Hintertür käme, weil es als Blaupause dafür dienen würde. TTIP wird in einigen EU-Ländern wie Österreich äußerst kritisch beäugt, Gegner fürchten etwa, dass Standards bei Nahrungsmitteln ("Chlorhuhn") oder im Arbeitsrecht gesenkt werden.