Angesichts der immensen Kosten für den Abgas-Skandal muss Volkswagen den größten Verlust seiner Konzerngeschichte verkraften. Im vergangenen Jahr lag das Ergebnis unterm Strich mit minus 1,6 Mrd. Euro massiv in den roten Zahlen. Das teilte Europas größter Autobauer am Freitag in Wolfsburg nach einer Sitzung des Aufsichtsrats mit.

2014 stand noch ein Gewinn von knapp 11 Mrd. Euro in den Büchern. Das operative Ergebnis sackte von 12,7 Mrd. Euro 2014 auf minus 4,1 Mrd. Ohne die Kosten für die Abgas-Affäre wäre das Ergebnis operativ aber leicht gestiegen. Der Umsatz von Europas größtem Autobauer stieg um 5,4 Prozent auf gut 213 Mrd. Euro.

Indes stellt der Vorstand des Konzerns seinen Anspruch auf Bonuszahlungen in Teilen zurück, muss aber keinen endgültigen Verzicht in Kauf nehmen. VW behalte etwa 30 Prozent der variablen Vergütung der Vorstände ein. Das Geld werde aber in Aktien umgewandelt und geparkt, erklärte der VW-Aufsichtsrat und niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil.

Nach Ablauf von drei Jahre werde geprüft, wie sich der Aktienkurs entwickelt hat. Liege der um ein Viertel über dem jüngsten Niveau, werde das Geld ausbezahlt, liege er darüber, gebe es sogar entsprechend mehr Geld zurück. Nur wenn der Kurs darunter liege, bekämen die betroffenen Vorstände das Geld nicht.

16,2 Milliarden Euro zurückgestellt

Für die Folgen des Diesel-Skandals muss der Konzern in seiner Bilanz für 2015 rund 16,2 Mrd. Euro zurückstellen. Dazu kommen 200 Millionen Euro für Umbauten etwa in der Lastwagen-Sparte. Damit steigt der Puffer für Sonderbelastungen im dritten Quartal noch einmal um fast 10 Mrd. Euro auf 16,4 Mrd. Euro an.

Zuletzt hatte es im Jahr 1993 einen Jahresfehlbetrag gegeben, als sich VW ebenfalls in einer Krise befand: 1,94 Mrd. D-Mark, also umgerechnet rund eine Milliarde Euro. Weitere Verluste in den 1980er und 1970er Jahren waren weit geringer. Im Jahr 2014 hatte der Konzern unter dem Strich rund 11 Mrd. Euro verdient.

Volkswagen hatte mit einer illegalen Software Abgastests bei Dieselfahrzeugen manipuliert. Dabei ging es um Werte des gesundheitsschädlichen Stickoxids. Dies hatte den Konzern in eine schwere Krise gestürzt. Weltweit sind elf Millionen Fahrzeuge betroffen. VW drohen neben den hohen Rückstellungen in der Bilanz noch immense Risiken wegen Strafzahlungen und Klagen in Milliardenhöhe.

Weitere Auseinandersetzungen drohen

Angesichts der massiven roten Zahlen drohen bei Volkswagen in den kommenden Wochen und Monaten heftige Auseinandersetzungen zwischen dem Management und den mächtigen Arbeitnehmervertretern. Bei der ertragsschwachen Kernmarke VW mit Modellen wie dem Golf und dem Passat will Markenchef Herbert Diess den Sparkurs verschärfen. Auf Initiative des Betriebsrats soll es aber nun Verhandlungen über feste Produkt-, Stückzahl- und Investitionszusagen für die nächsten Jahre geben.

Am Donnerstag erzielte VW Fortschritte in den USA, wo der Skandal vor sieben Monaten seinen Ursprung genommen hatte. VW einigte sich mit den US-Behörden auf die Grundzüge einer Lösung im Abgas-Skandal. VW hat nun die Chance, mit Behörden und Sammelklägern Vergleiche auszuhandeln.

Die Lösung umfasst nach Angaben des zuständigen Richters in San Francisco die Option, dass VW einen Großteil der Autos zurückkaufe oder durch Umrüstung in einen erlaubten Zustand versetze. Leasingnehmern werde das Recht eingeräumt, ihre Verträge zu beenden und ihre Wagen zurückzugeben. Zudem werde der Hersteller "substanziellen Schadenersatz" an die Besitzer zahlen. Konkrete Zahlen hierzu wurden aber zunächst nicht genannt. Die laufenden strafrechtliche Ermittlungen der US-Justiz und Verfahren von US-Staatsanwälten sind von der Einigung nicht betroffen.

Nach US-Einigung: Debatte in Europa

Im Abgasskandal um Diesel-Pkw von Volkswagen können Kunden in Deutschland nicht mit den gleichen Entschädigungen wie in den USA rechnen. "In den USA haben wir es mit anderer Rechtslage zu tun", sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums am Freitag in Berlin mit Blick auf die Zusage des Konzerns, den betroffenen VW-Kunden in den USA umfangreiche Entschädigungen zu leisten.

"Und deswegen ist es etwas schwierig, jetzt hier unmittelbare Rückschlüsse auf die Situation in Deutschland zu ziehen." Grundsätzlich gelte in Deutschland, Kundenrechte müssten uneingeschränkt gewahrt werden. Ihnen dürften keinerlei Nachteile entstehen.

Der Sprecher verwies auch auf die geltenden Gewährleistungs- und Garantieansprüche und erklärte: "Das muss im Einzelfall geprüft werden." Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte, die Einigung in den USA sei ein wichtiger Schritt in der Aufklärung des Skandals und ergänzte: "Wir haben nach wie vor großes Vertrauen in das Unternehmen, dass die Aufklärung weiterhin sachgemäß betrieben wird." VW wird vorgeworfen, mit manipulierter Software die Abgastests systematisch unterlaufen zu haben.