Wir beobachten die Entwicklung, aber derzeit ist das nicht spruchreif“, sagte „Kastner & Öhler“-Chef Martin Wäg vor drei Jahren auf die Frage, ob das traditionsreiche Kaufhaus einen Webshop aufbauen werde. Ein Jahr später war es so weit – und heute verweist Wäg stolz auf die Erfolge im Internet. Insgesamt 16.000 Artikel, davon 6000 von Gigasport, sind online bestellbar, der Umsatz ist vergleichbar mit dem einer kleinen Filiale.

„Wir liegen deutlich über den Erwartungen“, sagt Wäg. Unerwartet viele Bestellungen kommen aus deutschen Städten wie München, Hamburg und Düsseldorf. „Das betrifft Modemarken, die wir früher im Sortiment haben, die im Internet gesucht und bei uns gefunden werden.“

Bewerbung des Webs

Ausgelöst wurde das schnelle Wachsen des Onlinehandels aus der Sicht von Wäg erst durch den Vormarsch von Smartphones und Tablets. Das Multichannel-Konzept, gleichsam der Doppelpass zwischen dem Webshop und den Filialen, „trifft den Nerv der Kunden“. War Kastner & Öhler bis vor wenigen Jahren noch ganz auf das stationäre Geschäft fokussiert, rückt online auf der Agenda nun weit nach oben. Das Angebot im Web soll nicht nur weiter ausgebaut, sondern stark und sichtbar beworben werden. „Da sind Marktanteile in Bewegung.“

Wobei Kastner neben dem Versand das System „Click and Collect“ forciert, um die Brücke zum stationären Handel und damit auch zum Stammhaus in der Grazer Sackstraße zu schlagen, das 2010 nach einem Umbau um 40 Millionen Euro neu eröffnet wurde und seither – augenzwinkernd – mit Harrods in London verglichen wird („Das hören wir immer wieder“, sagt Wäg). Online reservieren und den Einkauf klassisch in der Filiale abholen soll das Einkaufserlebnis erhalten – und den Umsatz stärken: „Man kann sich beraten lassen, stöbern und etwas dazukaufen.“

Wirtschaftlich waren die letzten Jahre für das Flaggschiff des Grazer Innenstadthandels durchwachsen, nicht zuletzt wegen der Verluste von Gigasport in Ost- und Südosteuropa. Dies sei jetzt verdaut: „Zu den Vorjahren ist alles gesagt“, erklärt Wäg. „Insgesamt erfreulich“ sei das mit Februar abgeschlossene Geschäftsjahr zu Ende gegangen, nämlich mit einer Umsatzsteigerung von 247 auf 253 Millionen Euro. Beim Ergebnis wird man sich im Vergleich zu den Vorjahren „deutlich verbessern“. Ins Detail geht Wäg noch nicht.

Gigasport expandiert

Den Zuwachs führt Wäg wiederum auf eine „schöne Entwicklung“ in der Sportsparte zurück. Gigasport nutzte – wie auch Mitbewerber Hervis vom Spar-Konzern – die Schwäche von Sports Direct, der Eybl übernommen hat und mit der Diskontschiene in Österreich gescheitert ist. Sports Direct baut einige seiner Standorte in Lillywhites um, eine Premiummarke aus demselben britischen Konzern. An den Standorten Salzburg und Linz kooperiert Lillywhites seit 1. März mit Gigasport. Die Grazer bespielen auf je 1000 Quadratmetern die Themen Bike und Wintersport.

Zurück nach Graz – hier ist Kastner & Öhler mit 800 Mitarbeitern Leitbetrieb und Frequenzbringer im Zentrum. Zur Innenstadtlage hat sich das Unternehmen mit großen Investitionen bekannt: „Die Lage vermittelt Authentizität, die Innenstadt ist größer als jedes Shoppingcenter am Stadtrand – und sie ist mehr als nur Einkaufen. Es ist das Zentrum und nicht ein Eck der Stadt“, sagt Wäg.

Dennoch: Um Akzente im Innenstadthandel zu setzen, haben sich Wäg, Martin Auer, Stephan Lanzer (Knilli), Martina Weinhandl (Klammerth) und Stefan Heissenberger (Frankowitsch) 2015 zu einer Initiative zusammengetan, die sich als Sprachrohr der Kaufleute im Zentrum versteht und sich gegen die Mitbewerber an der Peripherie wappnen will. Erste Ergebnisse einer Messung von Kundenströmen werden bald in gemeinsame Aktivitäten münden. Es wird ein neues Magazin geben und weitere Händler sollen an Bord geholt werden.

Mahnung an die Stadt

An die Stadtpolitik richtet Wäg mahnende Worte in Sachen Erreichbarkeit. „Wir brauchen für alle Fortbewegungsmöglichkeiten einen ausgewogenen Mix.“ Kein Verständnis zeigt der Kastner-Chef für Spekulationen über eine Citymaut oder Straßensperren. „Damit spielt man nicht. Das vertreibt Geschäftsleute aus dem Zentrum.“ Indes bleiben ein Verkehrs- und Parkleitsystem weiterhin Wunschthemen.

Beim geplanten Standort im Zentrum von Klagenfurt spießt es sich. „Wir glauben, dass Graz das beste Beispiel dafür ist, einer Stadt etwas bringen zu können“, meint Wäg. Der Wunschstandort, die Waaggasse, findet bei der Klagenfurter Stadtregierung keinen Anklang, mit vorgeschlagenen Alternativen freundet sich Kastner nicht an. „Wir werden sicher nur in eine gute Lage gehen.“ Kastner & Öhler wäre bereit, 15 Millionen Euro zu investieren und 80 Arbeitsplätze zu schaffen. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

HANNES GAISCH-FAUSTMANN