Mit dem heutigen Fahrplanwechsel geht der neue Wiener Hauptbahnhof in den Vollbetrieb. Die wesentlichste Änderung ist, dass alle aus dem Westen kommenden Fernverkehrszüge nicht mehr am Westbahnhof halten, sondern via Bahnhof Meidling an den neuen Verkehrsknotenpunkt angeschlossen werden.

Die Umwandlung des ehemaligen Südbahnhofs zum Hauptbahnhof mit dem prägnanten Rautendach als Wahrzeichen dauerte sechs Jahre: 2009 ist der Südbahnhof geschlossen worden. Es folgten der Abbruch und anschließend der Bau des neuen Hauptbahnhofs auf dem Areal beim Wiedner Gürtel. 2012 nahm der Hauptbahnhof für Schnellbahnen bzw. Regionalzüge den Teilbetrieb auf. 2014 fuhren auch die ersten Fernzüge ein. Dabei handelte es sich um Verbindungen nach bzw. von Süden (Italien, Slowenien, Graz oder Villach), Osten (Budapest) und Norden (Brünn, Prag, Warschau).

120.000 Passagiere täglich

Mit heutigem Tag werden nun auch die aus dem Westen kommenden Fernverkehrszüge am Bahnhof Meidling und schließlich am Hauptbahnhof halten. Es werden nicht weniger als 1.105 Züge und 120.000 Passagiere täglich erwartet. Der neue Hauptbahnhof dient dann somit als  Durchgangsbahnhof, der die Verkehrswege nach Norden, Süden, Osten und Westen an einer Station bündelt. Die Vorteile für die Kunden lägen in neu geschaffenen Verbindungen, warben die ÖBB. So sei fast jedes angebotene Fernverkehrsreiseziel über den Hauptbahnhof mit maximal einmal umsteigen erreichbar, hieß es weiters. Auch die Erreichbarkeit des Flughafens Wien-Schwechat werde verbessert.

Die ÖBB versprechen sich außerdem auch mehr Effizienz im Betrieb. Statt drei vollwertigen Produktions- und Technikstandorten würden die Arbeiten zum Beispiel künftig von den Technischen Services am Matzleinsdorfer Platz erledigt werden. Lange Überstellfahrten für den Fernverkehr etwa vom Westbahnhof durch das gesamte Stadtgebiete entfallen. Die Kosten für den Bahnhofsbau betrugen rund eine Milliarde Euro.

Der Westbahnhof wird ob der Umstellung nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Über ihn wird künftig der Pendlerverkehr abgewickelt, dass heißt die Regionalzüge aus dem Westen werden dort halten. Ebenfalls treu bleibt der Station die Westbahn, wie das Unternehmen in einer Aussendung am Montag versicherte. Mit dem Fahrplanwechsel würde es bis zu 19 Abfahrten oder Ankünfte pro Tag geben.

Kritik der Grünen

Die Grünen befürchten jedoch, dass die Rochade zu Engpässen führen könnte. Denn die Station, so befand Verkehrssprecher Georg Willi gegenüber der APA, sei zu knapp dimensioniert. Und: Pendler müssten längere Wege in Kauf nehmen, beklagt er.

Der Westbahnhof werde zum "Regionalzugs-Bahnhof" degradiert. "Der Hauptbahnhof muss zusammen mit dem Bahnhof Wien-Meidling alle ÖBB-Fernreisenden Ost-West und Nord-Süd und den gesamten Regionalverkehr vom Süden stemmen. Damit das irgendwie funktioniert, bringt die Rochade am Fahrplanwechsel-Wochenende vielen Bahnreisenden gravierende Nachteile", warnte Willi.

"Ein kleines Zahlenspiel zeigt, wie eng es am Hauptbahnhof wird, obwohl von den seinerzeit angekündigten 1.100 Zügen nur 900 fahren: Der alte Süd- und Ostbahnhof hatte 19 Bahnsteige, der Westbahnhof hat elf. Künftig müssen zehn Gleise zusammen mit zwei unterirdischen Bahnsteigen den gesamten Fernverkehr und den bisherigen Regionalverkehr abwickeln", rechnete Willi vor. Das Risiko von Verspätungen würde "massiv" steigen.

Replik der ÖBB

Die ÖBB weisen diese Kritik zurück. Vier von fünf Fahrgästen würden von der Umstellung profitieren, versicherte ÖBB-Sprecher Michael Braun gegenüber der APA. Für Pendler gebe es sowohl in den Morgenstunden als auch am Nachmittag ab dem Westbahnhof künftig einen dichteren Takt durch frei werdende Trassen. "Pendeln nach Wien war nie bequemer als im neuen Fahrplan", verspricht Braun. Bezüglich befürchtetem Platzmangel verweisen die ÖBB darauf, dass der Hauptbahnhof im Durchgangsbahnhof und nicht wie der Westbahnhof ein Kopfbahnhof ist. "Durch moderne Betriebsführung können wir effizienter und schlanker arbeiten, brauchen daher weniger Gleise für mehr Züge", betonte Braun.