Volkswagen hat nach Angaben von Insidern bei der Manipulation der Abgaswerte mehrere Versionen seiner Software eingesetzt. Die illegale Software sei an vier verschiedene Motorentypen angepasst worden, sagten mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Sprecher von VW in Europa und in den USA lehnten eine Stellungnahme ab und verwiesen auf laufende Ermittlungen.

Fraglich ist vor allem, wie viele Mitarbeiter bei VW an der Manipulation der Abgaswerte beteiligt waren. Ein VW-Sprecher sagte, derzeit werde intern intensiv ermittelt, wer wann was wusste. Es sei aber noch viel zu früh für Ergebnisse. Manche Experten gehen davon aus, dass bei unterschiedlichen Software-Versionen möglicherweise mehr VW-Mitarbeiter von den Manipulationen gewusst hätten. Wenn viele Spitzenmanager beteiligt waren, könnte das Auswirkungen auf die Strafzahlungen haben, die auf den Konzern zukämen, sagte Brandon Garrett, Wirtschaftsstrafrechtsexperte bei der University of Virginia. "Je mehr Führungskräfte beteiligt waren, desto eher wird das Unternehmen als schuldig angesehen, das eine hohe Strafe verdient."

Ermittlungen in Frankreich

Im Zuge des Volkswagen-Skandals ist in Frankreich der dortige Unternehmenssitz durchsucht worden. Die VW-Zentrale im nordfranzösischen Villers-Cotterêts sei durchsucht worden, außerdem hätten sich die Ermittler Zugang zu den VW-Büros in Roissy im Norden von Paris verschafft, verlautete am Sonntag aus Justizkreisen, womit ein Bericht der Zeitung "Journal du Dimanche" bestätigt wurde.

Die Durchsuchungen fanden demnach bereits am Freitag statt. Es seien Unterlagen und Datenträger beschlagnahmt worden. Wie in anderen Ländern hatte auch die französische Justiz Anfang Oktober ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs eingeleitet. In Frankreich waren in den vergangenen Jahren knapp eine Million Diesel-Fahrzeuge mit der manipulierten Software verkauft worden.

"Verstoß gegen Europarecht"

Der VW-Konzern hat mit der Manipulation von Abgastests bei Diesel-Fahrzeugen gegen Europarecht verstoßen. Das teilte der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in einem Schreiben an 31 europäische Amtskollegen mit, wie die "Bild am Sonntag" berichtete. Ein Sprecher des deutschen Verkehrsministeriums bestätigte das Schreiben.

Demnach verwies Dobrindt in dem zweiseitigen Brief auf einen Bescheid des deutschen Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) vom Donnerstag. Darin habe die Kontrollbehörde festgestellt, dass es sich bei den von VW in bestimmte Diesel-Fahrzeuge eingebauten Softwareprogrammen um unzulässige Abschalteinrichtungen handle - nach einem Artikel der EU-Verordnung Nr. 715/2007. Die Verordnung regelt unter anderem die Typ-Genehmigung von Autos hinsichtlich der Emissionen und den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen.

Europaweite Schadenersatzforderungen

Der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer sagte dazu der Zeitung: "Mit diesem Schreiben muss der VW-Konzern jetzt europaweit mit Schadensersatzforderung und Strafrechtsverfahren rechnen." Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte am Donnerstag einen verpflichtenden Rückruf für alle VW-Fahrzeuge mit manipulierter Motor-Software in Deutschland angeordnet. Allein in Deutschland zwingt der mit Abstand größte Rückruf in der VW-Firmengeschichte 2,4 Millionen Autofahrer nächstes Jahr dazu, mit den Dieseln zur Nachbesserung zu fahren. Der Rückruf soll im Jänner 2016 starten und dürfte sich bis zum Jahresende hinziehen.