Heute, pünktlich um 11:00 Uhr, haben die Arbeitnehmervertreter der Metallindustrie ihre Forderungen für den Kollektivvertrag 2016 an die Arbeitgeber überreicht und damit die Herbstlohnrunde eingeläutet. Gefordert wird eine Lohnerhöhung, die Möglichkeit einer Freizeitoption und eine generelle 6. Urlaubswoche nach 25 Arbeitsjahren.

Die Industrievertreter wiederum verwiesen auf eine schwierige wirtschaftliche Lage der Branche. Christian Knill, Obmann des Fachverbandes der Maschinen- und Metallwarenindustrie (FMMI), sagte heute, dass ein Drittel der Branche Verluste schreibe und in den vergangenen eineinhalb Jahren 3.500 Jobs abgebaut werden mussten. Belastend wirkten auch die Sanktionen gegen Russland und die Turbulenzen rund um VW, da Österreich ein wichtiger Autoteile-Zulieferer ist.

Schwieriges Jahr für Industrie

"Unsere Industrie hat ein weiteres schwieriges Jahr hinter sich. 2014 betrug das Minus in der Produktion 3,5 Prozent und bei den Aufträgen 3,7 Prozent. Die Produktivität sank um 3,3 Prozent, die Beschäftigung ging um 1,4 Prozent zurück. Nur die Lohnstückkosten stiegen um 2,3 Prozent", rechnete Knill vor, der den größten Fachverband mit 120.000 Beschäftigten vertritt. Insgesamt hat die Metallindustrie rund 180.000 Arbeiter und Angestellte.

Das düstere Bild will Rudi Wagner, Verhandlungsführer der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), so nicht stehen lassen. Im großen und ganzen gehe es der Branche gut, es gebe lediglich vereinzelt Probleme mit Firmen die im Ölgeschäft tätig sind oder Turbulenzen bei Auslagerungen hatten. Wagner ersetzt das bisherige Verhandlungs-Urgestein Karl Proyer, der erkrankt ist. Wagner, Jahrgang 1969, hat seine Berufslaufbahn als Lehrling bei den ÖBB begonnen und ist seit 1998 in leitenden Funktionen bei den Gewerkschaften vida und GPA tätig gewesen.

Harte Verhandlungen

Co-Verhandler auf Arbeitnehmerseite ist einmal mehr Rainer Wimmer, Chef der Produktionsgewerkschaft Pro-Ge und Industriesprecher der SPÖ. Er geht von sehr harten Verhandlungen aus, am Ende müsse aber ein "außergewöhnliches Lohnplus" stehen, betonte er nach der Forderungsübergabe gegenüber Journalisten. Und auch bei der Arbeitszeitreduzierung müsse sich die Industrie bewegen, schließlich gebe es im Jahr 270 Millionen Überstunden. Außerdem will er einen leichteren Zugang zur sechsten Urlaubswoche, die ist derzeit nur gibt, wenn ein Arbeitnehmer 25 Jahre in der gleichen Firma war.

Knackpunkt bei den Verhandlungen, die mit dem FMMI am Montag in einer Woche (5. Oktober) starten, ist unter anderem die von den Gewerkschaften geforderte Freizeitoption. Also ein wenig mehr Freizeit bei Verzicht auf die KV-Erhöhung. Für Knill ist diese eine Arbeitszeitverkürzung durch die Hintertür, die die Wettbewerbsfähigkeit schwäche. Wagner hingegen verweist auf die guten Erfahrungen, die jene Industriezweige machten, die sie bereits umgesetzt haben. In der Metallindustrie sind das zwei von sechs Fachverbände. In der Elektro- und Elektronikindustrie gibt es die Option schon länger. Insgesamt wird sie derzeit von rund 3.300 Beschäftigten genutzt.

Laut Gewerkschaften wird das Modell quer über alle Betriebsgrößen und Einkommensschichten umgesetzt. Nach Geschlecht ist das Verhältnis bei Angestellten ausgewogen, bei Arbeitern wird das Freizeitmodell primär von Männern genutzt. Nach Alter betrachtet ist insbesondere die Gruppe 31- bis 41-jährigen interessiert. Die über 51-Jährigen machen dagegen lediglich 25 Prozent aus.

Mehrere Runden

Traditionell sind die Kollektivvertragsverhandlungen mit mehreren Runden intensiven Feilschens verbunden, Sitzungen bis in die Morgenstunden sind keine Seltenheit. Ohne KV-Verhandlungen gibt es keine Lohn- und Gehaltserhöhung, eine gesetzlich verbindliche Anpassung der Einkommen an die Teuerungsrate existiert nicht. Die Einigung erfolgt sozialpartnerschaftliche zwischen Gewerkschaften und Vertretern der Arbeitgeberseite. Die ersten Kollektivverträge wurden nach der Aufklärung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts abgeschlossen. Unter der NS-Diktatur wurden die KV-Verhandlungen abgeschafft. 1947 wurde dann ein Kollektivvertragsgesetz beschlossen.

Im Vorjahr erhielten die rund 180.000 Beschäftigen 2,1 Prozent mehr Lohn und Gehalt - bei einer Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate von 1,7 Prozent. Heuer beträgt die zurückliegende Jahres-Teuerungsrate 1,2 Prozent, ein Abschluss eines Kollektivvertrages (KV) darunter gilt bei den Gewerkschaften als ausgeschlossen. Ein weiterer Berechnungsschlüssel ist die Wirtschaftskraft. Die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS erwarten für heuer ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von plus 0,5 bzw. 0,7 Prozent.