Die Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit geht kurz nach dem Streik-Aus auf die Lufthansa zu. Die Gewerkschaft habe dem Management der Airline für nächste Woche Verhandlungstermine zum Tarifvertrag Übergangsversorgung angeboten, teilte Cockpit am Donnerstag mit. "Dieser Tarifvertrag hat für uns hohe Priorität und wir freuen uns auf konstruktive Verhandlungen."

Ende kommender Woche wolle Cockpit die Öffentlichkeit über die Fortschritte informieren. Die AUA-Mutter Lufthansa begrüßte den Vorschlag. "Wir werden prüfen, ob einer der angebotenen Termine für uns möglich ist", sagte ein Sprecher.

13 Streiks

Das Landesarbeitsgericht Hessen hatte am Mittwoch den zweitägigen Ausstand der Piloten der Lufthansa mit sofortiger Wirkung gestoppt und damit einem Eilantrag der Fluggesellschaft stattgegeben. Das Gericht folgte der Argumentation des Konzerns, dass der Streik nicht in erster Linie bessere Bedingungen der Piloten zum Ziel habe, sondern sich gegen den geplanten Billigflieger Eurowings richte. Das sei aber eine unternehmerische Entscheidung und nicht Gegenstand von Tarifverhandlungen. Offiziell streitet die Gewerkschaft seit eineinhalb Jahren für eine Beibehaltung ihrer Frührenten zu alten Konditionen. In der Zeit legten die Flugzeugführer 13 Mal die Arbeit nieder. Allein der jüngste Ausstand kostete den Konzern Analysten zufolge 35 Millionen Euro. 

Auf einen Kampf gegen das Urteil auf juristischem Wege will sich Cockpit derzeit nach Aussagen eines Gewerkschafts-Insiders nicht einlassen. Der Gang durch die Instanzen bis zum Bundesarbeitsgericht würde Jahre dauern. "Wir könnten dann irgendwann sagen, dass wir Recht hatten, aber auf die aktuelle Tarifauseinandersetzung hätte das keinen Einfluss", sagte der hochrangige Gewerkschaftsvertreter. Auch der Gang vor das Bundesverfassungsgericht (BVG) in Karlsruhe könne ausgeschlossen werden. Ein Cockpit-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern.

Kommt neue Streikwelle?

Nach Ansicht von Luftfahrt-Analyst Jochen Rothenbacher von der Bank Equinet könnte es unter bestimmten Umständen eine neue Cockpit-Streikwelle geben. "Die Frage ist jetzt: Hat die Gewerkschaft in der Streikankündigung einen Fehler gemacht, der sich schnell korrigieren lässt?" Dann könnten die Arbeitsniederlegungen weitergehen. Cockpit gehe aufs Ganze, da viel auf dem Spiel stehe. "Wenn es so bleibt wie derzeit, wird Eurowings wachsen und Lufthansa Passage schrumpfen." Damit sinke die Zahl der tarifgebundenen Lufthansa-Pilotenjobs in Deutschland. "Langfristig könnten diese Arbeitsplätze sogar aussterben."

Druck kommt für Cockpit auch von anderer Seite: Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo, die nach anfänglichen Bedenken einige Sparprojekte des Lufthansa-Managements mitträgt, wirbt um Piloten, die von dem Dauerarbeitskampf bei Cockpit genervt sind. Aus technischen Gründen könnten die Flugzeugführer nicht direkt bei Ufo Mitglied werden, sagte Gewerkschaftschef Nicoley Baublies zu Reuters. Doch könnten sie der neuen, von Ufo gegründeten Luftfahrt-Branchengewerkschaft IGL beitreten, in der Platz für alle Berufsstände sei. Die Flugbegleiter spüren den Schrumpfkurs der Lufthansa direkt: Da die Flotte in Deutschland kleiner wird, werden auch weniger Bordmitarbeiter gebraucht.

Millionenklage

Die Lufthansa setzt nach dem Streik-Verbot weiter auf die juristische Karte. Der Konzern werde die Schadenersatzklage gegen Cockpit wegen eines Streiks im April 2014 über 60 Millionen Euro aufrechterhalten. Da der jüngste Streik zudem vom Gericht als illegal eingestuft worden sei, werde eine zweite Klage geprüft.

Nach Streikende kam es am Donnerstag bei der Lufthansa kaum noch zu Flugausfällen. Cockpit hatte am Dienstag zunächst die Flüge nach Übersee und einen Tag später die Deutschland- und Europaverbindungen bestreikt. Mehr als 1.000 Verbindungen mussten annulliert werden - 160.000 Passagiere waren betroffen.