Der zunehmende Einsatz von Robotern und anderen Technologien gefährdet einer Studie zufolge 59 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland. Von den 30,9 Millionen Beschäftigten, die in der Untersuchung berücksichtigt werden, könnten nach einer Untersuchung der Bank ING-Diba mittel- und langfristig 18 Millionen durch Maschinen und Software ersetzt werden, berichtete die Zeitung "Die Welt" am Samstag.

Das Risiko variiert demnach je nach Spezialisierung, Karrierestufe und Beruf erheblich: Unter Sachbearbeitern und anderen Berufsgruppen, die hauptsächlich typische Verwaltungstätigkeiten erledigen, könnten sogar 86 Prozent der Arbeitsplätze wegfallen. Beinahe genauso hoch ist der Anteil unter Hilfsarbeitskräften, der Berufsgruppe, die am zweitstärksten von der Automatisierung betroffen wäre.

Kein Zeitraum genannt

Unter den Büro- und Sekretariatskräften drohen demnach die größten Stellenverluste, gefolgt von Hilfskräften in Lagern und bei Post- und Zustelldiensten sowie Verkäufern und Hilfskräften in der Reinigung. Auf einen Zeitraum für den skizzierten Wandel legt sich die Untersuchung allerdings nicht fest.

In Berufen, die eine Spezialisierung oder Expertenwissen erfordern, liegt die Wahrscheinlichkeit, den eigenen Job an eine Maschine zu verlieren, nur bei elf beziehungsweise zwölf Prozent. Besonders unersetzlich scheinen Mediziner zu sein: Von 241.500 Ärzten sind lediglich 3100 betroffen oder gerade einmal ein Prozent. Ähnlich ist die Lage bei Chemikern oder Physikern: Von den insgesamt 46.100 Arbeitskräften mit diesem Fachhintergrund, die häufig in forschender Tätigkeit arbeiten, können der Studie zufolge nur 2800 durch Technologie ersetzt werden.

Neue Jobs durch Industrie 4.0

Die wachsende Digitalisierung der Industrie wird nach Einschätzung der Boston Consulting Group (BCG) in den kommenden zehn Jahren aber auch viele zusätzliche Jobs in Deutschland schaffen. Insgesamt 390.000 neue Arbeitsplätze könnten durch den Trend hin zur Industrie 4.0 entstehen, wie es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie heißt.

Mit dem Schlagwort "Industrie 4.0" ist der wachsende Einsatz von Software und Robotern in Fabriken gemeint. Mit Hilfe von Barcodes auf Bauteilen und der Kommunikation zwischen den Maschinen soll die Produktivität gesteigert und individuelle Fertigung möglich werden.

"Keine menschenleere Fabrik"

"Die menschenleere Fabrik wird es nicht geben", sagt Studienautor Michael Rüßmann der Deutschen Presse-Agentur. "Es wird erstens weiter auch Arbeiter geben, die gemeinsam mit Robotern arbeiten. Zweitens werden Arbeitsplätze in der Fertigung IT-lastiger, das heißt, es entstehen andere Arten von Arbeitsplätzen." Einfache manuelle Jobs in der Fertigung und Fabriklogistik - wie Gabelstaplerfahrer - könnten aber wegfallen, räumte Rüßmann ein.

Gewerkschaften wie die IG Metall mahnen bereits, dass Beschäftigte künftig gezielt ausgebildet und qualifiziert werden müssen. Beschäftigte bräuchten unabhängig von ihrem Arbeitsplatz die Chance, sich umzuorientieren, sagte IG-Metall-Vize Jörg Hofmann jüngst in einem Interview. Eine gewaltige Aufgabe. Denn allein im deutschen Maschinenbau arbeiteten zuletzt rund eine Million Menschen. In der gesamten Metall- und Elektroindustrie sind es 3,7 Millionen. Wie viel in die Weiterbildung gesteckt werden müsste, beziffern die Studienautoren von BCG allerdings nicht. Insgesamt gehen die Autoren von einem Investitionsbedarf von 250 Mrd. Euro bis 2025 aus.