Für die Banken war 2014 ein schwarzes Jahr mit enormen Verlusten. Was erwarten Sie 2015?

PETER BOSEK: Sicher keine durch die Decke schießende Konjunktur. Während der angloamerikanische Raum die Krise hinter sich lässt, hat die Europäische Zentralbank den Problemländern Zeit gekauft.

Wie kritisch sehen Sie die EZB?

BOSEK: Dass manche Länder keine oder unzureichende Reformen gemacht haben, kann man der EZB nicht vorwerfen. Was sie auf der Leitzinsseite gemacht hat, war im Hinblick auf Wirtschaftsimpulse bisher nicht sehr erfolgreich. Stark unterstützend ist der niedrig bewertete Euro zum Dollar für Österreichs Exporte.

Was denken Sie über die weitere Lockerung der Geldpolitik und den Schweizer Radikalschritt?

BOSEK: Der Schritt der Schweizer kam völlig unerwartet. Wir raten allen, die noch Fremdwährungskredite haben, von überstürzten Handlungen ab. Aktuell kann man gar keine seriöse Prognose machen, wie es mit dem Franken weitergeht und wie die weiteren Schritte der EZB tatsächlich aussehen.

Womit rechnen Sie heute?

BOSEK: Ich denke, dass die EZB heute ein breit angelegtes Ankaufprogramm für Euro-Staatsanleihen verkündet.

Wie war bei Ihnen 2014 die Kreditnachfrage, sie ist ja ein Gradmesser für Investitionen?

BOSEK: Etwas höher als 2013, aber stark differenziert. Bei kleineren Unternehmen sind wir deutlich mehr gewachsen, auch bei Privatkrediten, das hat die Entwicklung bei den großen Unternehmen überkompensiert. Die legen seit Jahren Geld auf die hohe Kante.

Weil das Vertrauen fehlt. Sind die Risiken in Osteuropa alle weg?

BOSEK: Wir sind jedenfalls sehr gut aufgestellt.

Von der Russland-Ukraine-Krise ist die Erste Group nicht direkt betroffen, aber erwarten Sie Auswirkungen auf andere Länder?

BOSEK: Wir erwarten in den meisten unserer Länder ein deutlich höheres Wachstum als im Euro-Raum. Zentral- und Osteuropa sollten voraussichtlich etwa doppelt so stark wachsen wie der Durchschnitt der Euro-Zone.

Was können Banken sich angesichts des schwierigen Umfelds künftig nicht mehr leisten?

BOSEK: Wir haben das für uns beantwortet, halten praktisch keine Beteiligungen mehr, auch keine Versicherung. Wir fokussieren nur noch aufs Banking, weil die Herausforderungen enorm sind und wir es bald mit ganz anderen Giganten zu tun bekommen. Facebook, Google und Apple stehen in den Startlöchern. Die werden mit einer smarten App daherkommen, Sie können mit dem Handy zahlen, und wir dürfen uns als Bank um die Infrastruktur samt Kosten kümmern. Apple pay kommt heuer nach Europa. Die Headhunter in London telefonieren schon.

Stufen Sie das als Gefahr ein?

BOSEK: Wir rechnen seit Längerem damit. Die werden nicht voll ins Bankgeschäft einsteigen, aber sich die Rosinen herauspicken, die für sie lustig sind. Wer hätte noch vor ein paar Jahren gedacht, dass Taxis einmal ein Problem namens Uber bekommen. Banken haben schon früher den Fehler gemacht, andere in ihre Kundenbeziehungen hineinzulassen, etwa externe Finanzdienstleister. Banken waren sehr lange eine ziemlich autistische Veranstaltung, stark produkt- und verkaufsorientiert, davon müssen wir radikal wegkommen.

Welche Strategie verfolgen Sie?

BOSEK: Wir müssen unseren Kunden noch besser zuhören. Wir können auf das Vertrauen aufbauen, das wir punkto Sicherheit bei den Kunden im Gegensatz zu den Internetkonzernen genießen. Unser neues Produkt George haben wir gemeinsam mit 1000 Kunden entwickelt. Meine Vision ist, mit diesem Werkzeug für Ihr ganzes Leben Ihr unverzichtbarer Geldmanager zu sein, wie beim Private Banking, aber eben für alle Kunden.

Was ist Ihr Ziel?

BOSEK: In zehn Jahren in Österreich von 850.000 auf eine Million Kunden zu kommen.

INTERVIEW: CLAUDIA HAASE