Schon vor der mit Spannung erwarteten Entscheidung über einen massenhaften Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) streiten die beiden größten Volkswirtschafen der Eurozone über die Folgen der Geldflut. Frankreichs Präsident Francois Hollande erhofft
sich einen Schub für die schleppende Konjunktur in
Europa. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt hingegen reserviert.

"Die EZB trifft ihre Entscheidungen sowieso unabhängig", sagte Merkel in Berlin. Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Norbert Barthle, äußerte scharfe Kritik. "Mit ihrer Politik des billigen Geldes steuert die
EZB auf einen gefährlichen Teufelskreis zu", sagte er zur Agentur Reuters. Aus der deutschen Wirtschaft kamen zudem Stimmen, die vor einem Währungskrieg warnten.

Volumen von 600 Milliarden Euro

An den Finanzmärkten gilt es inzwischen als ausgemachte Sache, dass die EZB bei ihrer Zinssitzung an diesem Donnerstag ein milliardenschweres Kaufprogramm für Staatsanleihen - im Fachjargon "Quantitative Easing" (QE) genannt - auf den Weg bringt. Einer Reuters-Umfrage
zufolge erwarten 18 von 20 befragten Geldmarkt-Händlern eine entsprechende Ankündigung. Dabei wird mit einem Volumen von 600 Milliarden Euro gerechnet.

In Erwartung der Anleihenkäufe hat der Euro bereits
deutlich an Wert verloren, was die Exportwirtschaften der Euro-Zone auf den Weltmärkten wettbewerbsfähiger macht. Hollande sagte in einer Rede, weitere unkonventionelle Maßnahmen der EZB würden helfen. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und
Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, befürchtet unterdessen, dass ein immer weiter sinkender Eurokurs ungewünschte Reaktionen zur Folge haben könnte. "Wenn die USA jetzt zum Beispiel ihre Zinserhöhung verschieben, um gegenüber Europa nicht an
Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, droht uns eine Spirale des lockeren Geldes, bei der am Ende alle verlieren", warnte Wansleben.