Bei Eigentumswohnungen ist der Preis-Hype nach jahrelangem Anstieg vorbei, glaubt der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI). Preisrückgänge erwartet man jedoch keine, erklärten ÖVI-Experten am Montag. Die Käufer müssten sich mit weniger Rendite zufriedengeben und würden Objekte viel eingehender prüfen als früher. Speziell bei teuren Angeboten sei die Vermarktung schwieriger.

Schon 2014 habe sich der Preisanstieg im Wohnsegment in Österreich verflacht, und diese Entwicklung werde sich 2015 fortsetzen, sagte ÖVI-Maklersprecherin Sandra Bauernfeind vor Journalisten: "Mit einem Rückgang rechnen wir aber keinesfalls." Der Markt werde sich wieder auf einem gesunden Preisniveau einpendeln. Bundesweit habe sich der Preisanstieg im Vorjahr in Österreich auf 2,5 Prozent abgeschwächt, in Wien auf 2,2 Prozent, hieß es unter Verweis auf Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) für das 3. Quartal 2014 im Vergleich zum 3. Quartal 2013 (Österreich ohne Wien +2,6 Prozent).

60 Prozent Preissteigerung in vier Jahren

In Wien seien von 2010 bis 2014 die Preise für gebrauchte Eigentumswohnungen um fast 60 Prozent geklettert, für neu errichtete um 25 Prozent, berichtete ÖVI-Vorstand Andreas Wollein. Die von 2008, dem Beginn der Finanzkrise, bis 2013 verzeichnete "bis dahin unbekannt hohe Preissteigerung" nehme mittlerweile wieder ab. Die hier erzielbaren Mieten hätten mit den Kaufpreisen freilich nicht Schritt gehalten. Dass die Preise weiter steigen sei eher unwahrscheinlich, ortet Wollein ein "vorläufiges Ende dieses Preisanstiegs".

Investoren müssten sich nun mit deutlich geringeren Renditen begnügen. Für eine im 15. Bezirk für 3.700 Euro pro m2 erworbene Eigentumswohnung ließen sich bei 9 Euro/m2 Miete nur 3 Prozent Rendite brutto (vor Einkommensteuer und vor Instandhaltung) erzielen, das sei nicht besonders viel, meinte Wollein. Meist seien es 2 bis 4 Prozent. Wohnungen für 150.000 bis 300.000 Euro ließen sich "gut" verkaufen, "über 350.000 Euro wird die Luft aber dünn". Hier würden die Vermarktungszeiträume länger. In einzelnen Segmenten zeige sich deutlich, dass Preisvorstellungen von Verkäufern angesichts des hohen Marktpreisniveaus nicht mehr zu erzielen seien.

Keine Kreditklemme

In Wiens Innenstadt im 1. Bezirk seien die "Käufer aus dem Osten" in den letzten Monaten und im Vorjahr ausgeblieben - wegen der Ukraine-Krise, so Wollein. Diese früher als Dritt- oder Viertwohnsitz begehrten Einheiten seien oft hunderte Quadratmeter groß, gab Maklerin Bauernfeind zu bedenken: Die Nachfrage nach Kleinwohnungen im 1. Bezirk sei dagegen weiter vorhanden. Kreditklemme herrsche keine, so Wollein: "Die Banken prüfen bei Wohnungskauf-Finanzierungen länger. Wir erkennen aber nicht, dass die Banken 'zudrehen'."

Bei Mietwohnungen sei - anders als oft behauptet - keine generelle Preissteigerung zu erkennen, betonte Bauernfeind. Der Wohnungsmarkt für Mietwohnungen zeige kaum Veränderungen. Die Angebotsmieten lägen im Schnitt zwischen 7 und 10 Euro/m2 (netto, ohne Betriebskosten) für gut ausgestatteten Wohnraum; bei Erstbezugswohnungen seien es 9 bis 12 Euro/m2 pro Monat.

Kritik an Mietrechtsreform

Den SPÖ-Entwurf für eine Mietrechtsreform sieht ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel als "untauglich" und "fern jeder Marktrealität" an. Damit würde keine Transparenz in den Sektor kommen, sondern nur Unterschiede zwischen Alt- und Neumieten zementiert. Aus ÖVI-Sicht müsse man woanders ansetzen als bei der Mieten-Regulierung. Wichtiger wäre mehr Treffsicherheit bei der Vergabe kommunaler Wohnungen.

Zudem könne eine solche Mietrechtsreform nur ein gutes Drittel des Marktes erfassen, denn 60 Prozent aller Mietwohnungen in Österreich seien kommunale oder gemeinnützige. Detailliert zum Mieten-Thema äußern will sich der ÖVI Donnerstag in einer Woche mit einer neuen Studie der Ökonomin Agnes Streissler-Führer.

Wenig Bauland

Angesichts steigender Bodenpreise zerbricht sich der ÖVI auch stärker den Kopf darüber, wie mehr günstiges Bauland mobilisiert werden kann. Speziell in den Ballungsräumen gebe es hier Knappheit, sagte ÖVI-Bauträgersprecher Klaus Wolfinger am Montag. Mobilisieren könne man mehr baureife Flächen durch Raumordnungs-Instrumente "wie zum Beispiel eine befristete Widmung oder die Finanzierung der erforderlichen Infrastrukturinvestitionen teilweise über den Wertzuwachs infolge Umwidmung".

Die Kommunen seien gefragt, durch eine umsichtige Bodenpolitik und gut vorbereitete Umwidmungen dafür zu sorgen, dass die Wertsteigerung einer Baulandwidmung nur in vertretbarem Maß auf den Bodenpreis niederschlägt. Als gelungenes Beispiel in Wien würden sich die heuer zum Verkauf anstehenden Baufelder im Gebiet "Hauptbahnhof - Leben am Helmut-Zilk-Park" abzeichnen. Mit dem Grundeigentümer ÖBB habe die Stadt Wien dort begünstigte Grundstückspreise zwischen 155 und 310 Euro pro m2 Bruttogeschoßfläche (zuzüglich Infrastruktur- und Mobilitätsbeiträgen) verhandelt; auch der höhere Betrag liege noch immer deutlich unter den üblichen Marktpreisen. Pro m2 Nutzfläche gehe es hier um 207 bzw. 413 Euro/m2.