Das weltweite Überangebot an billigem Erdöl bringt die Händler der Branche auf ungewöhnliche Ideen: In der Hoffnung auf künftig wieder anziehende Preise, mieten sie Industriekreisen zufolge derzeit verstärkt Supertanker an, um den Rohstoff erst einmal auf hoher See zu lagern.

Zu den Unternehmen gehören etwa der größte unabhängige Ölhändler Vitol oder die in der Schweiz ansässige Trafigura, aber auch der Energiekonzern Shell, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Schifffahrts- und Frachtmaklerkreisen.

Vitol etwa buchte den Informationen zufolge mit der "TI Oceania" einen der größten Supertanker überhaupt, der ein Fassungsvermögen von drei Millionen Barrel hat, das sind fast eine halbe Milliarde Liter. Trafigura sicherte sich mit der "Nave Synergy" ebenfalls einen Mega-Tanker und Shell buchte mit der "Xin Run Yang" und der Xin Tong Yang" gleich zwei solcher Schiffe.

Massive Tanker-Kapazitäten gebucht

Den Schifffahrtslisten zufolge kosten die Tanker zum Teil deutlich weniger Miete als sonst üblich, da es sich oft um ältere Schiffe und um langfristige Mietverträge von bis zu zwölf Monaten handelt. Den Informationen zufolge konnten die Händler Mieten von weniger als 40.000 Dollar (33.990 Euro) am Tag aushandeln, was 20.000 bis 30.000 Dollar unter dem jüngsten Durchschnitt liegt.

Insgesamt wurden nach ersten Schätzungen bisher zwischen 12 und 15 Millionen Barrel an Lagerkapazitäten auf See gebucht. Und es gebe weitere Anfragen, verlautete aus den Schifffahrtskreisen. Beim letzten Ölpreisverfall 2009 waren hatte es mehr als 100 Millionen Barrel Lagerkapazität auf See gegeben. Nach Einschätzung von Analysten von JBC Energy in Wien könnte die Lagerung dort zumindest zeitweise auch den Erdölpreis auf den Märkten stabilisieren.

Grafik: Erdölpreis sinkt rasant
Grafik: Erdölpreis sinkt rasant © Kleine Zeitung

Noch befindet sich dieser aber im freien Fall. Was nicht  nur manchen Ölförderländern Budgetprobleme bereitet, sondern vor allem auch die nordamerikanischen Schieferöl-Produzenten in Bedrängnis bringt. Die  Investmentgesellschaft Morgan Stanley hat ihre Förderkosten auf durchschnittlich 65 Dollar pro Fass geschätzt. Die Rohöl-Gewinnung aus Ölsanden kostet im Schnitt 70 Dollar. 

Für die meisten Ölförderer liegt die Schmerzgrenze so wie für Russland ungefähr beim aktuellen Ölpreis um die 50 Dollar - sinkt der Preis darunter, können die gesamten Förderkosten (inklusive Suche nach neuen Quellen) nicht mehr gedeckt werden.