Eines der größten Versprechen der neuen EU-Kommission war mehr Transparenz. Die Handelskommissarin Cecilia Malmström hat gestern den ersten Schritt getan und Originaldokumente zu dem umstrittenen Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP, veröffentlicht. Die neue Kommission vollzieht damit einen Bruch zur Politik ihrer Vorgänger, die hinter verschlossenen Türen verhandelt hatten.

Malmström sagt, sie wolle auch auf Mythen reagieren, die im Raum stünden. „Wir legen acht Rechtstexte vor. Damit wird deutlich, was die Kommission sich in bestimmten Teilen des Abkommens vorstellt“, erklärt die Kommissarin. Allerdings hagelte es prompt Kritik: Die Grünen monieren, dass die offengelegten Texte zu spät kämen und auch nicht vollständig seien.

Auch in nicht-technischer Sprache

Neben den Rechtstexten wurden auch Positionspapiere zugänglich gemacht, welche den Zugang der EU zu bestimmten Themen darlegen. Malmström: „Da nicht jeder Jurist ist, bringen wir auch Vermerke in nicht-technischer Sprache.“ Verhandlungsfortschritte sollen künftig regelmäßig veröffentlicht werden, die nächsten Dokumente gibt es im Februar. Es gebe aber einige sensible Daten wie zum Marktzugang oder zu Quoten, die nicht publik gemacht würden.

Nicht klar ist, wie die Positionen der USA aussehen. Diese könne nur der Verhandlungspartner offenlegen, sagte Malmström. Allerdings wolle sie versuchen, die Amerikaner von dem Schritt an die Öffentlichkeit zu überzeugen.
Die vorgestellten Rechtstexte betreffen acht Bereiche.

Wettbewerb. Durch TTIP soll unterbunden werden, dass Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen, um Preise einseitig festzusetzen.

Staatsunternehmen. Es soll bewirkt werden, dass Unternehmen unter staatlicher Kontrolle keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber Privatunternehmen haben.

Förderungen. Wenn die EU oder die USA einzelne Unternehmen fördern, soll das komplett transparent gemacht werden.

Lebensmittelstandards. Beim Export von Lebensmitteln in die USA soll es Genehmigungen für die gesamte EU und nicht mehr nur für einzelne Länder geben. Es soll eine Basis für gemeinsame Lebensmittelstandards geschaffen werden. Bestehende Bestimmungen sollen aber nicht betroffen sein, auch bei Gentechnik gelten weiterhin die nationalen Bestimmungen.

Technische Handelshemmnisse. EU und USA sollen gemeinsame technische Richtlinien für Produkte haben, um doppelte Zulassungsverfahren zu vermeiden. Die EU will, dass die USA die ISO-Standards akzeptieren.

Zoll. Ein Grundpfeiler des Abkommens ist die Reduzierung von Zöllen, um den Handel zu erleichtern.

KMU. Die EU ist sehr darauf bedacht, dass kleine und mittelständige Unternehmen von TTIP profitieren. Es soll einen eigenen Helpdesk in den USA geben, um den Firmen beim Export zu helfen. Die EU bietet bereits ein vergleichbares Service an.

Konflikte zwischen Staaten. TTIP könnte von den Vertragspartnern unterschiedlich ausgelegt werden. In diesem Fall soll ein Schiedsgericht entscheiden. Die Verhandlungen sollen öffentlich abgehalten werden.

Investorenschutz. Zum besonders strittigen Investorenschutz finden sich nur einige verstreute Anmerkungen, aber vorerst keine genau formulierte Verhandlungsposition.

ROMAN VILGUT