Herr Präsident, Sie haben sich in einem Brief an die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel Hilfestellung für die Länder Südosteuropas gewünscht, ein Thema, das in Ihrer Heimat nicht gerade goutiert wird.

DIETER HUNDT: Viele Mitgliedsfirmen der deutschen Handelskammer in Österreich, die Wien als Basis für Osteuropa-Geschäfte nutzen, sind in zunehmendem Maße besorgt über das weltweite Krisenszenario. In meinem Schreiben an die Kanzlerin habe ich gebeten, Möglichkeiten zu überprüfen, diesen Ländern zu helfen.

Deutschland hat - zumindest aus österreichischer Sicht - diesbezüglichen Bemühungen bis dato die kalte Schulter gezeigt. Orten sie jetzt einen Gesinnungswandel?

HUNDT: Öffentlich sichtbar gibt es keine derartigen Signale der Bundesregierung. Aber nicht nur ich sondern auch große internationale Organisationen haben Frau Merkel auf die Situation im Osten aufmerksam gemacht.

Die möglicherweise sehr prekäre Lage in diesen Ländern ist also - wie vielfach kolportiert - kein reines Österreich-Problem?

HUNDT: Es ist ein Problem Mitteleuropas. Und durch das Engagement deutscher wie auch österreichischer Firmen auch ein national deutsches und österreichisches Wirtschaftsproblem.

Sollte sich die Hilfe auf die östlichen EU-Länder beschränken oder auch Länder wie etwa die Ukraine oder Kroatien umfassen?

HUNDT: Ich plädiere gegebenenfalls für eine Unterstützung in einem möglichst flächendeckenden Ausmaß. Ich würde die Grenzen der EU nicht als Begrenzung ansehen.

In Deutschland haben zuletzt Horrormeldungen über den weiteren Tiefgang der Wirtschaft für Aufsehen gesorgt. Sind Sie ähnlich besorgt oder sehen sie im Gegenteil vielleicht schon ein Ende der Krise?

HUNDT: Es wird einen Tag nach der Krise geben, davon bin ich felsenfest überzeugt. Seriöserweise kann aber keine genaue Angabe über den weiteren Verlauf der Rezession gegeben werden. Es erfüllt mich aber mit Sorge, dass sich manche Institute geradezu in einem Wettbewerb befinden, die negativen Auswirkungen möglichst dramatisch zu prognostizieren. Ich bin überzeugt, dass wir die Krise meistern. Wann, wage ich nicht zu sagen. Ich bin aber sicher, dass wir gestärkt daraus hervorgehen werden und hoffe, dass die Optimisten Recht behalten, die sagen, im zweiten Halbjahr 2009 würden wir den Tiefpunkt der negativen Entwicklung erreicht haben.