Mit Strand, Sonne und Meer haben die meisten Griechen derzeit wenig am Hut. "Wir müssen den Gürtel enger schnallen, doch das höre ich seit 15 Jahren", meint Kostas, 51 Jahre alt und freiberuflicher Elektroingenieur in Athen. Wie wohl die meisten seiner Landsleute glaubt er jedoch nicht, dass die neue Regierung in der Lage sein wird, die seit Jahren bekannten Probleme Griechenlands in den Griff zu bekommen. Zu oft haben die Menschen hier erlebt, wie jede neue Regierung Staatsverschuldung, Korruption, Arbeitslosigkeit und Hungerrenten dem Missmanagement der vormaligen Regierung anlastete.

Auch die jetzigen Drohungen aus Brüssel dienten, so glaubt man überwiegend, lediglich dazu, dem seit Oktober amtierenden neuen Ministerpräsidenten von der Pasok die Vorlage zu liefern, von der versprochenen Erhöhung der Mindestlöhne und Renten Abstand zu nehmen und stattdessen doch die Steuern zu erhöhen. "Kein Wunder, dass unsere Jungen rebellieren", meint eine Fischverkäuferin. "Für sie sehen die nächsten Jahre wirklich düster aus." Erst eine Woche ist es her, dass sich die Wut der Generation Krise in den Straßen Athens mit gewalttätigen Krawallen entladen hat.

Ein Moloch

Es war Andreas Papandreou, der Vater des heutigen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, unter dem in den 80er-Jahren der Staatsapparat des kleinen Landes um zehntausende von Stellen aufgebläht wurde. Stellen, die durchgängig mit Anhängern der eigenen Partei oder Leuten, "denen man etwas schuldete", besetzt wurden. Bei jedem Regierungswechsel erwarten die Parteigänger der Gewinner seitdem, dass nun "ihre Leute" zum Zug kommen. Die Schattenwirtschaft ist riesig. Etwa 30 Milliarden Euro gingen jährlich am Fiskus vorbei, hat der Ministerpräsident neulich erklärt. Eine Summe, die ohne weitere Steuererhöhungen ausreichte, um nicht nur die Neuverschuldung zu stoppen, sondern auch staatliche Investitionen in Bildung, Gesundheit und Sozialversicherung zu finanzieren. Aber wie angehen gegen einen Moloch, in den augenscheinlich die halbe Nation verstrickt ist? Wer wird schon mit dem Arzt über das "Fakelaki", den im diskreten Umschlag überreichten Geldbetrag, diskutieren, wenn man ohne diesen auf der Warteliste für die notwendige Operation kräftig nach hinten rutscht?

Nicht nur Kostas vermutet, dass das Geld von denen eingetrieben werden soll, die ohnehin kaum etwas haben, statt "den Großen auf die Finger zu klopfen". Aber das ist für die Griechen nichts Neues. In einem Land, in dem die meisten seit Jahren das Vertrauen in den Staat verloren haben - wenn sie überhaupt je solches hatten - ist man gewohnt, seine eigene persönliche Lösung zu improvisieren. Diese aber wird in den meisten Fällen eher zum Ausbau der Schattenwirtschaft führen als zu deren Eindämmung.