Österreich wartet auf die Scheußlichkeiten, die die sogenannte Defizit-Konsolidierung im Winter bringen wird. Sie werden die Details ja bestens kennen. Wird es sehr schlimm?

HANS GEORG KRAMER: Es wird schlimm. Um das Budget wieder in den Griff zu bekommen, ist ein gesamtstaatlicher Kraftakt nötig. Die Rahmenbedingungen zur Konsolidierung stehen.

Man spricht nur von Steuererhöhungen, was ist mit Sparen in der Verwaltung?

KRAMER: Natürlich muss auch gespart werden, niemand ist da ausgenommen, auch Länder und Gemeinden nicht. Da vermisse ich aber dementsprechende Beiträge.

Von welchen Summen geht man bei der Budgetkonsolidierung aus?

KRAMER: Die EU hat uns aufgefordert, 0,75 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt von 288 Milliarden Euro heuer einzusparen. Das sind mehr als zwei Milliarden. Die Verschuldungsquote liegt derzeit bei 70 Prozent, sie soll unter 60 Prozent des BIP gedrückt werden. Allein die Wahlzuckerln im Jahr 2008 haben uns mehrere Milliarden Euro gekostet. Wir sind es künftigen Generationen schuldig, dass wir mit den Geschenken aufhören.

Jetzt will die Finanzverwaltung schon bald eine Steuerpolizei auf Streife schicken. Gegen Steuerbetrüger und für mehr Steuereinnahmen?

KRAMER: Ja, das stimmt und das passiert erstmals in der Geschichte der Republik.

Ist es schon so schlimm mit der Steuerhinterziehung?

KRAMER: Na, sagen wir einmal so: Es wird langsam unerträglich. Wenn ich mir das Glücksspiel ansehe, nimmt es schon mafiamäßige Ausmaße an.

Die Truppe wird schon ab November im Einsatz sein. Wer muss sich jetzt warm anziehen?

KRAMER: All jene, die sich nicht an die Vorgaben des Rechtsstaates halten. Uns geht es vor allem um die organisierte Abgabenhinterziehung und Kriminalität. Kürzlich haben wir in Wien zwei Baufirmen ausgehebelt, die 1300, bzw. 900 Mitarbeiter illegal beschäftigt haben. Man kann sich vorstellen, was da für ein Schaden entsteht. Unsere Motivation ist aber vor allem, die redlichen Wirtschaftsteilnehmer vor den unredlichen zu schützen. Denn wie kommen die dazu, dass sie brav Steuern und Abgaben bezahlen. Andere, die das nicht tun, fahren dann mit Dumpingpreisen gegen die Konkurrenz in den Markt.

Welche Strafen drohen jetzt?

KRAMER: Sie werden verdoppelt. Bei Steuerbetrug über 500.000 Euro setzt es bald Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren. Auch die Geldstrafen werden empfindlich erhöht. Wir wollen damit aufzeigen, dass der, der sich nicht an die Spielregeln hält, mit harten Konsequenzen rechnen muss.

Wie viel entgeht dem Staat durch Steuerhinterziehung?

KRAMER: Das ist schwer zu sagen. Universitätsprofessor Schneider hat in einer Studie zum Pfusch einmal von 20 Milliarden Euro gesprochen. Zu unseren Aufgaben gehört aber auch die Kontrolle der Kollektivverträge, der Produktpiraterie und der gefälschten Arzneien im Internet, die stark überhandnehmen.

Wie viel Mann (Frau) hat Ihre strenge Eingreiftruppe?

KRAMER: Ab November werden 70 Mitarbeiter tätig sein, bis 2015 könnte die Finanzpolizei aber 700 Mitarbeiter umfassen.

In der Verwaltung muss gespart werden. Wo nehmen Sie so viele Mitarbeiter her?

KRAMER: Da zeigt sich unsere Flexibilität. Wir bieten den Mitarbeitern von Post, Telekom und Bundesheer den Wechsel zu uns an, bilden sie ordentlich aus und stellen ihnen einen interessanten Job als Vertragsbedienstete in Aussicht. 4000 hatten wir bereits bei Infoveranstaltungen, 700 haben sich gemeldet.

Ein Wechsel von Beamten zu Vertragsbediensteten? Wer in Österreich macht das?

KRAMER: Sie behalten ihren Status, auch der Verdienst bleibt annähernd gleich. Dafür haben sie tolle Perspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten. Eines muss ich jetzt schon sagen: Hängematte sind wir keine.

Zu etwas Erfreulicherem: Die Finanzverwaltung bildet erstmals Lehrlinge aus.

KRAMER: Ja, erstmals gibt es den Lehrberuf des Steuerassistenten. Der Andrang zu dem neuen Beruf ist groß. Wir hatten schon 8700 Bewerbungen, 100 Lehrlinge fangen heuer an.

Gibt es Berufsschulen in Kärnten und der Steiermark?

KRAMER: In der Steiermark gibt es eine Berufsschule, in Kärnten sicher auch bald. Als Kärntner werde ich mich dafür einsetzen.