Volkswagen sieht im Tarifkonflikt mit der IG Metall im Gegenvorschlag der Arbeitnehmer zwar kurzfristige positive Effekte. Allerdings führten die genannten Maßnahmen überwiegend zu keiner finanziellen nachhaltigen Entlastung des Unternehmens in den kommenden Jahren, teilte VW am Freitag mit. „Eine nachhaltige Einsparung von 1,5 Milliarden Euro ist auch nach intensiver Analyse nicht feststellbar.“

Der Konzern und die Arbeitnehmerseite blieben weiter im Dialog, um gemeinsam tragfähige Lösungen zu erarbeiten, hieß es weiter. Die vierte Verhandlungsrunde ist für den 9. Dezember angesetzt.

Firmenkreise: Management-Boni-Streichung rechtlich nicht umsetzbar

Die Vorschläge der Arbeitnehmer seien zum Teil rechtlich nicht umsetzbar, hieß es aus Unternehmenskreisen. Das gelte etwa für die vorgeschlagene Streichung der Boni für Manager. Selbst wenn der vorgeschlagene Arbeitszeitfonds kurzfristig einen gewissen positiven Effekt hätte, würde dieser durch die faktische Lohnerhöhung in zwei Jahren zu einer zusätzlichen Belastung führen. Die Vorschläge erkauften damit allenfalls Zeit und passten zudem nicht zu dem Problem der Überkapazitäten und der zunehmenden Konkurrenz durch chinesische Autobauer. In anderer Ausprägung könnte der Ansatz möglicherweise helfen, eine Konjunkturdelle zu überbrücken. „Wir haben aber keine Konjunkturdelle, sondern ein Strukturproblem des Marktes“, hieß es. „Die vorgeschlagene Brücke führt damit ins Nichts.“

Die Gewerkschaft IG Metall kritisierte die Einschätzung des Unternehmens scharf. Es sei äußerst bedauerlich, dass das Unternehmen die konstruktiven Vorschläge der Arbeitnehmerseite und die damit verbundenen Beiträge der Beschäftigten abbügele, sagte ein Sprecher. Die Gewerkschaft habe im Rahmen der Verhandlungen vorgerechnet, dass im Gesamtkonzept sowohl kurzfristige Elemente als auch langfristige Entlastungen enthalten seien. „Wir sind damit hart an die Grenze des Zumutbaren für die Beschäftigten gegangen.“ Die Gewerkschaft habe sich einen riesigen Schritt auf den Arbeitgeber zubewegt, das Unternehmen verharre dagegen bisher auf den „Maximalpositionen heftigster, dauerhafter Tarifeinschnitte und bleibt seinerseits eine Antwort schuldig, welche Schritte man bereit ist, auf die Beschäftigten zuzugehen“.

Gewerkschaft und Arbeitnehmer hatten vor der dritten Verhandlungsrunde einen Vorschlag vorgelegt, der unter anderem einen Wegfall von Bonuszahlungen und einen Arbeitszeitfonds enthält. Der Flächentarifvertrag soll demnach zwar übernommen werden, das Geld aber nicht an die Beschäftigten ausgezahlt, sondern in den Fonds überführt werden. Dieser Fonds solle dann genutzt werden, um an den Standorten die Arbeitszeit zu verkürzen, an denen die Überkapazitäten besonders groß sind. Sie bezifferten das Sparpotenzial auf 1,5 Milliarden Euro. Zugleich fordern sie Perspektiven für alle Standorte.

Vorstand will Löhne für 120.000 Beschäftigte kürzen

Der Vorstand von Volkswagen fordert in dem Tarifkonflikt dagegen unter anderem eine Lohnkürzung für die rund 120.000 Beschäftigten an den Standorten Wolfsburg, Braunschweig, Hannover, Salzgitter, Emden und Kassel sowie bei drei Töchtern um zehn Prozent und schließt Werksschließungen nicht aus. VW-Finanzvorstand Arno Antlitz begründete das zuletzt unter anderem mit massiven Überkapazitäten: Auf dem europäischen Markt würden derzeit zwei Millionen Fahrzeuge weniger verkauft als vor der Corona-Pandemie, für VW bedeute das, dass 500.000 Autos jährlich fehlten.

In dem Tarifkonflikt stehen die Zeichen auf Warnstreiks: Die Friedenspflicht endet am Samstag, ein Arbeitskampf ist damit ab Sonntag möglich. IG Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger sagte bei der dritten Verhandlungsrunde, falls nötig, werde es einen Arbeitskampf geben, den die Bundesrepublik so seit Jahrzehnten nicht erlebt hat. Zuletzt hatte es 2018 Warnstreiks in einem größeren Umfang bei VW gegeben.