Die Zukunftsängste der Österreicher, angereichert mit Inflation, steigender Arbeitslosigkeit, Krieg und Krisen verleideten ihnen zuletzt ihre Konsumlaune. Sie sparen. Die Sparquote stieg heuer von 8,7 auf 11,4 Prozent des verfügbaren Einkommens.
Paradoxerweise schafft es das auf den heutigen Freitag fallende Shopping-Event „Black Friday“, sie aus ihrer Kaufzurückhaltung zu reißen. Laut Handelsverband wollen sie bis zum Cyber-Monday am kommenden Montag 250 bis 280 Euro ausgegeben haben für Kaffeemaschine, iPad, Wintermantel. Gerechnet wird mit Rekordumsätzen von 490 Millionen Euro. Mehr als die Hälfte der Österreicher spricht auf die Schnäppchen-Angebote an, die vielerorts auf den ganzen November ausgedehnt worden waren. „Die Krise befeuert den Black Friday“, sagen die Handelsforscher Christoph Teller und Ernst Gittenberger vom Linzer Institut für Handel, Absatz und Marketing.
Nur, so lange der Vorrat reicht
Während der Inflation sind die Konsumenten (noch) preissensibler geworden. Durch die zeitlich begrenzten „schwarzen“ Angebote haben sie auch noch Fomo. So wird in der Werbepsychologie die Angst, etwas zu verpassen, die Fear Of Missing Out, genannt: „Die besten Deals des Jahres! Aber nur, so lange der Vorrat reicht!“.
Zeitdruck, Knappheit
Nicht nur mit den Verkaufsstrategien Zeitdruck und Knappheit wird beim Black Friday gearbeitet. Auch durch Vorab-Informationen (“Priming“) werden Konsumenten beeinflusst. Seit Wochen lesen und hören sie, dass es „unschlagbare Angebote“ und „Tiefpreise“ geben WIRD. So nehmen sie, wenn es soweit ist, die beworbenen Produkte wahr - und mit. Und die Rabatte werden größer ausgewiesen als der Preis, um den Bezahlschmerz der Kunden in das gute Gefühl umzumünzen, viel gespart zu haben.
Natürlich dominiert der Onlinehandel. 40 Prozent der Österreicher wollen heuer zu Black Friday online einkaufen, 28 Prozent - auch – im stationären Einzelhandel, und nur zwölf Prozent ausschließlich in Ladengeschäften. Teller und Gittenberger: „Amazon wird auch heuer dem Black Friday den Stempel aufdrücken.“ Auch die chinesischen Shopping-Apps Temu (“Deine Black Friday Traum-Liste“) und Shein (“Enorme Preisstürze“) mischen mit. Beide bieten derzeit hohe Summen auf Suchplattformen, um auch bei Suchbegriffen ihrer Konkurrenten angezeigt zu werden. Shein zum Beispiel hat für Keywords wie Zara Jeans und Mango Kleider geboten.
Schnäppchen auch bei Autos und Reisen
Für den Handel ist der Black Friday Anlass, Überlager zu leeren und Langsamdreher aus dem Sortiment zu bekommen. Aber nicht nur. „Wir schnüren Angebote gemeinsam mit der Industrie“, sagt Hannes Majdic, der den Onlinehandel electronic4you betreibt. Auch für Reisen wird das Black Friday-Marketing genützt. Ob Valamar-Hotels, Lidl Reisen, Hofer Reisen, Costa-Kreuzfahrten, Tui-Pauschalen. „Sichern Sie sich Ihre Traumunterkunft bis 2. Dezember 23.59 Uhr.“ Selbst beim Autokauf soll der Black Friday sparen helfen - mit Leasingschnäppchen.
Substitution versus Zusatzkäufe
Die Umsätze steigen um das Doppelte, ja sogar Dreifache ist zu hören. Doch vielfach ist der Erfolg teuer erkauft. „Die Angebote gehen auf Kosten der regulären Preise“, sagt Nils Wlömert, Leiter des Instituts für Handel und Marketing an der WU Wien. Wer diese „Promotionspreis-Elastizität“ nütze, nehme sich selbst Marge weg und setze sich großer Konkurrenz aus. Bleibt er jedoch „unelastisch“ und macht kein Friday-Angebot, läuft er Gefahr, Marktanteile zu verlieren.
„Natürlich erwarten sich die Händler, dass die Konsumenten nicht nur Substitutionskäufe tätigen. Sie wollen Zusatzumsätze generieren“, sagt Wlömert. Allerdings ist vor dem Black Friday eine Kaufzurückhaltung zu spüren, weil für ohnehin geplante Ausgaben auf besonders gute Preise gewartet wird. Auch nach der Black Week sinkt die Nachfrage. Teller sagt: „Der Black Friday wird heuer einiges vom eigentlichen Weihnachtsgeschäft wegknabbern.“ Majdic sagt: „Black Friday ist ein neuer Name fürs Weihnachtsgeschäft.“