Zwei von drei Angehörigen der Altersgruppe 50 plus machten beim Bewerben einen entscheidenden Fehler, sagt HR-Beraterin Ines Schöffmann. Deren Bewerbungsunterlagen seien nicht gut genug, oft auch nicht mehr zeitgemäß. Schöffmann analysierte dafür die bei ihr eingereichten Bewerbungsunterlagen der vergangenen Monate. Und kommt zum Schluss: Knapp die Hälfte der unzureichenden Bewerbungen seien sogar „so grottenschlecht, dass die älteren Arbeitnehmer vermutlich nirgendwo eine Chance haben“ – und damit scheitern würden. Überholte Bewerbungsunterlagen seien für 55-Jährige schlicht „tödlich“.
Schöffmann, die ihr HR-Consultingunternehmen in Oberösterreich betreibt, widerspricht damit energisch der Darstellung, ältere Arbeitnehmer würden am Arbeitsmarkt systematisch diskriminiert. Das sei Geschichte. Zumindest Fach- und Führungskräfte würden weiterhin gesucht, das Alter der Bewerber sei für Personalchefs meist kein Faktor: „Alter ist kein Thema mehr, und wenn, dann ein positives“, sagt Schöffmann. Das habe mit dem demografischen Wandel und den Ansprüchen der Generation Z zu tun. „Jüngere sind oft unverschämt und vom Preis-Leistungsverhältnis unattraktiver als Ältere. Diese bringen viel Erfahrung ein und erwarten ein vergleichsweise vernünftiges Gehalt.“
„Keine Experimente mehr“
Früher hatten Unternehmer Angst, einen 55-Jährigen anzustellen, weil sich dieser bald in die Pension verabschiedete. „Heute weiß man, er bleibt ziemlich sicher noch zehn Jahre und wagt keine Experimente mehr.“ Junge Bewerber seien hingegen oft nach wenigen Jahren wieder weg. „Ich habe Kunden, die sagen mir, bring mir niemanden unter 45.“ Für diese zählten Erfahrung und Loyalität: „Wenn der Bewerber noch fünf, sechs, sieben Jahre bleibt, passt es. Ich hatte einen 63-Jährigen, der hat dem Kunden zwei Jahre Plug & Play geboten.“ Also anstellen und sofort loslegen. „Längere Einschulungszeiten sind in dem Alter nicht mehr möglich.“
Die Chancen auf eine Anstellung, vor allem in extrem gesuchten Berufen wie IT-Fachkräfte oder Bilanzbuchhalter, seien also intakt. „60 ist das neue 40“, meint Schöffmann. Vorausgesetzt, ältere Bewerber werden überhaupt zu einem Bewerbungsgespräch geladen, „dann machen das viele sehr gut“, sagt Schöffmann. Doch auf dem Weg dahin lauerten einige Fallen.
Die Jobauswahl zählt
Alles beginne bei der richtigen Jobauswahl, sagt Schöffmann. „Bei Jobs, in denen ältere Arbeitnehmer überqualifiziert sind, funktioniert es nicht.“ Nur selten holten sich jüngere Chefs ältere Mitarbeiter, die mehr können als sie selbst „und am Stuhl sägen könnten“. Auch ältere Quereinsteiger haben es schwer. „Niemand nimmt einen teuren 55-Jährigen als Lehrling. Wenn jemand Quereinsteiger nimmt, dann lieber einen Jungen.“ Schöffmanns Rat: „Dort bewerben, wo man sich seit Jahrzehnten auskennt.“
Es geht um die richtige „Verpackung“
Dann gehe es für Routiniers um die „Verpackung“, sagt Schöffmann. „Die Bewerbung darf nicht altmodisch ausschauen, das Layout muss modern sein. Vorlagen aus dem Internet sind oft mies.“ Andere wiederum verwendeten 20 Jahre alte Vorlagen für den Lebenslauf und würden diesen auf eine Seite „pressen“. Fähigkeiten, Verantwortungen, Erfahrungen müssten jedoch betont werden. Unpassend sei es auch, als 55-jähriger Geschäftsführer jugendlich-verspielte Layoutvorlagen zu verwenden. Wesentlich sei das Foto, sagt Schöffmann, „Bild schlägt Zahl“, also die optische Darstellung sei wichtiger als das Geburtsdatum. Ihr Tipp: „Geht’s zum Fotografen, damit ihr fit und gesund ausschaut – dunkle, tote Farben sind unbedingt zu vermeiden.“
Auch Bewerber, die bereits in Pension sind, seien willkommen. Jüngst vermittelte sie eine 63-Jährige. „Mein Kunde war begeistert: Eine, die nicht arbeiten muss, sondern arbeiten will.“
Nicht Fehler prolongieren
Warum sich dennoch das (Vor-)Urteil, ältere Arbeitnehmer würden am Arbeitsmarkt benachteiligt, hält? „Viele bewerben sich mit unterirdischen Unterlagen für die falschen Stellen.“ Und prolongierten die gleichen Fehler: „Nach der fünften oder zehnten Absage wegen ihrer schlechten Unterlagen glauben sie, sie müssen es billiger geben – und bewerben sich für Jobs, für die sie überqualifiziert sind“, sagt Schöffmann. „Dann kriegen sie erst recht Absagen.“ Die Abwärtsspirale führe zu Scheitern und Frustration.