Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck hat der kriselnden Autoindustrie Unterstützung in Aussicht gestellt. Habeck sagte nach Beratungen mit Vertretern der Branche, es solle keine Schnellschüsse und keine „Strohfeuermaßnahmen“ geben. Es gehe um langfristige Planbarkeit. Dazu habe es Übereinstimmung in der Runde gegeben. „Unter der Bedingung haben wir über verschiedene Möglichkeiten gesprochen.“ Konkrete mögliche Fördermaßnahmen nannte Habeck aber nicht.

Die Maßnahmen, die vielleicht kämen, sollten immer rückwirkend gelten. Die deutsche Regierung werde nun beraten. Der ohnehin stattfindende regelmäßige Dialog mit der Branche werde fortgesetzt.

Die Aussagen des Grünen-Politikers zu „Strohfeuern“ dürften auf Vorschläge zum Beispiel aus der SPD zielen. SPD-Wirtschaftspolitiker schlagen eine neue „Abwrackprämie 2.0“ vor. Wer seinen Verbrenner „abwrackt“ und ein neues E-Auto kauft, soll einen Bonus von 6.000 Euro bekommen. Für den Kauf eines gebrauchten E-Autos soll es dann 3.000 Euro geben.

„Dem will ich gerne folgen“

Der Minister sagte der Autoindustrie zudem Unterstützung auf EU-Ebene zu. Dabei geht es um sogenannte Flottengrenzwerte, das sind Vorgaben zum CO2-Ausstoß. Diese sollen schrittweise verschärft werden. Habeck sagte, die Grenzwerte sollten im Jahr 2026 einer Revision unterzogen werden. Es sei der Wunsch der Runde gewesen, sich dafür einzusetzen, dass das schon im kommenden Jahr passiere. „Dem will ich gerne folgen.“

Habeck dämpfte zugleich die Erwartungen. Es handle sich um ein europäisches Programm. Viele andere Länder hätten nicht die Herausforderungen Deutschlands. Zudem habe sich Deutschland in der Verkehrspolitik in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, sagte Habeck mit Blick auf das umstrittene Vorgehen beim Thema E-Fuels.

Der abrupte Wegfall der E-Auto-Prämie in Deutschland im vergangenen Jahr hat die Nachfrage nach Batterieautos einbrechen lassen. Die Hersteller stellt das gleich vor mehrere Probleme: Die Werke sind nicht ausgelastet, wegen der schärferen EU-Flottenziele für den CO2-Ausstoß ab 2025 drohen dann hohe Strafzahlungen.

Lange Wunschliste

Im Vorfeld des Gipfels haben sich deutsche Hersteller für zusätzliche Hilfen ausgesprochen. Mercedes-Chef Ola Källenius forderte ein Entgegenkommen in der Klimapolitik. Volkswagen will sich für eine Neuauflage der Elektroauto-Prämie starkmachen. Zu dem virtuellen Gipfel kommen Spitzenvertreter von Automobilbauern und -Zulieferern, der Branchenverband VDA und die Gewerkschaft.

„Wir müssen über die CO₂-Regulierung in Europa reden“, sagte Källenius dem „Handelsblatt“ (Montagausgabe). Zwar stehe der Stuttgarter Autobauer zum Ziel der Dekarbonisierung der Autoindustrie, „doch die Schätzungen der EU-Kommission waren zu optimistisch, wie sich jetzt zeigt“, sagte Källenius. VW schlug einem Bericht des „Spiegel“ zufolge eine Förderung von 4000 Euro beim Kauf eines Elektroautos vor, wenn der Hersteller zusätzlich einen Preisnachlass von 2000 Euro gewährt.

„Neustart“ für E-Mobilität

Die Gipfelteilnehmer wurden im Vorfeld aufgefordert, etwa die größten Hemmnisse beim Hochlauf der E-Mobilität in Deutschland zu nennen und Vorschläge zu einem fairen Wettbewerb in Europa zu machen. „Es geht gerade bei Elektrofahrzeugen darum, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen - den Ladestrompreis in die richtige Richtung zu bewegen“, sagte Volkswagen-Chef Oliver Blume.

Der Vorstandsvorsitzende hielt zudem gegenüber dem ZDF fest, dass bei VW rasch über ein Sparpaket entschieden werden soll: „Unser Ziel ist es, in diesem Jahr dort ein Paket aufzusetzen.“ Dabei gehe es um alle Kosten, von der Entwicklung bis zur Produktion und Vertrieb. Am Mittwoch beginnen die Tarifverhandlungen zwischen der IG Metall und Volkswagen. Der Wolfsburger Autobauer hat die seit drei Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung aufgekündigt und droht mit dem Schließen von Werken.

Diskussion über Prämien

Auch BMW forderte bessere Rahmenbedingungen für Elektroautos, wie flächendeckende Ladepunkte im öffentlichen und privaten Bereich sowie den Zugang zu günstigem Ladestrom. „Denn wenn die Kosten für einen elektrisch gefahrenen Kilometer höher sind als mit Benzin oder Diesel, fehlt vielen Kunden ein zentraler Anreiz für elektrische Fahrzeuge“, erklärte ein Sprecher. Eine ebenfalls diskutierte Abwrackprämie lehnt BMW dagegen klar ab: „Die deutsche Automobilindustrie braucht keine kurzfristigen, marktverzerrenden Strohfeuer.“

Auch der Präsident des deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW, Achim Wambach, sieht eine derartige Prämie skeptisch. Diese könne zwar die Umstellung erleichtern, wenn jedoch funktionsfähige Fahrzeuge stillgelegt würden, würden Werte zerstört. In der SPD von Kanzler Olaf Scholz wird eine Abwrackprämie von 6000 Euro für einen Umstieg von einem Verbrenner auf ein E-Auto diskutiert.

Schwieriger Umstieg

Die Branche leidet derzeit massiv unter der eingebrochenen Nachfrage nach Elektroautos und der allgemeinen Kaufzurückhaltung. Zahlreiche Unternehmen haben angekündigt, Stellen zu streichen und Werke zu schließen. Unter Druck sind insbesondere die Zulieferer, die ihre Werke bereits auf Produkte für Elektroautos umgestellt haben und bei denen nun der eigentlich eingeplante Absatz wegfällt.

Ab 2025 gelten in der Europäischen Union strengere CO₂-Grenzen für Neuwagen, die nach Einschätzung von Fachleuten nur mit einem stärkeren Absatz von Elektroautos eingehalten werden können. Sollte es nicht gelingen, diese Grenzwerte zu erreichen, drohen Strafzahlungen.