„Viele Menschen denken, dass ihre engsten Familienangehörigen automatisch alle Belange in die Hand nehmen können, wenn sie dazu selbst nicht mehr in der Lage sind.“ Notar Martin Thaler (“Notar-Quadrat“, Klagenfurt) räumt mit diesem Irrtum auf. „Ohne eine Vollmacht können sich sogar der Ehepartner oder die Kinder erst einmal um überhaupt nichts kümmern.“ Und damit wären wir schon mitten im Thema der rechtlichen Vorsorge, auf die die Kärntner Notare während ihrer gerade laufenden „Immobilien- und Vorsorgewochen“ verstärkt aufmerksam machen wollen.

Wenn es um Vorsorge im rechtlichen Bereich geht, denken die meisten an die Errichtung eines Testaments. Dabei kommt immer häufiger ein Thema zur Sprache: Die rechtliche Vorsorge für den Fall, dass man selbst nicht mehr handlungs- und entscheidungsfähig ist. Selbstbestimmtheit ist ein hohes Gut. Mit einer notariell beglaubigten Vorsorgevollmacht kann eine Person schon vor dem Verlust der Geschäftsfähigkeit - etwa durch eine Krankheit, Demenz oder einen schweren Unfall - bestimmen, wer als Bevollmächtigter für sie entscheiden und sie vertreten kann. Die Vollmacht wird also erteilt, solange der Vollmachtgeber noch entscheidungsfähig ist. Darum ist sie laut Thaler auch und gerade für junge Menschen relevant. Denn jeder und jede kann plötzlich und unerwartet in eine Situation kommen, nicht mehr geschäftsfähig zu sein.

„Entscheidungen im Ernstfall“

Warum ist das wichtig? „Weil damit die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters vermieden werden kann. Die Vollmacht erlaubt dem Bevollmächtigten, Angelegenheiten stellvertretend für den Betroffenen zu erfüllen – ohne sie vorher vom Gericht genehmigen lassen zu müssen“, so Thaler. „Jeder muss für sich entscheiden, wem man im Ernstfall eher zutraut, Entscheidungen in seinem Sinne zu treffen. Und in erster Linie ist das jemand, dem man absolut vertraut.“

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Jede Vorsorgevollmacht ist individuell: Der Vollmachtgeber kann festlegen, für welche Angelegenheiten der Bevollmächtigte zuständig sein soll. Wer schaut nach meiner Wohnung? Wer erledigt meine Bankgeschäfte? Wer stellt für mich Pensions- oder Pflegegeldanträge? Wer veranlasst eine notwendige ärztliche Betreuung? Er kann auch mehrere Vertrauenspersonen bevollmächtigen, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Die Notare und Notarinnen helfen beim Verfassen einer Vorsorgevollmacht und registrieren sie im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis – so wird sie im Vorsorgefall immer gefunden.

Thaler zu den wichtigsten Fragen rund um eine Vorsorgevollmacht:
Wie wähle ich den Bevollmächtigten aus? „Sie sollten nur Personen bevollmächtigen, denen Sie absolut vertrauen. Darüber hinaus sollten Bevollmächtigte auch mit komplexen Themen und der damit verbundenen Verantwortung umgehen können. Es ist in meiner Kanzlei auch schon vorgekommen, dass jemand eine solche Verantwortung nicht übernehmen wollte und abgelehnt hat. Sinnvoll ist, dass der Bevollmächtigte in der Nähe des Vollmachtgebers wohnt, damit er auch tatsächlich jederzeit schnell erreichbar ist und zur Verfügung steht. Informieren Sie den Betreffenden vorab und fragen Sie, ob er dazu bereit ist. Denn er ist für seine Entscheidungen haftbar, er kann auch schadenersatzpflichtig werden.“
Wann gilt die Vorsorgevollmacht? „Erst mit Eintritt und Eintragung des Vorsorgefalls, also wenn die Person nicht mehr entscheidungsfähig ist, wird die Vorsorgevollmacht wirksam. Dafür ist ein ärztliches Attest notwendig. Wenn die vertretene Person noch entscheidungsfähig ist, kann sie auch weiter gültig Geschäfte abschließen.“
Kann man eine Vorsorgevollmacht widerrufen? „Sie können eine notarielle Vollmacht jederzeit widerrufen - selbst dann, wenn Sie nicht mehr geschäftsfähig sind. In letzterem Fall wird dann ein Erwachsenenvertreter vom Gericht bestellt, damit man nicht rechtlich unvertreten ist. Anpassen bzw. ändern kann man die Vollmacht nur solange sie nicht schlagend geworden ist, in so einem Fall wird eine Zusatz-Urkunde gemacht. Ansonsten hat die Vorsorgevollmacht kein Verfallsdatum, sie ist nicht zeitlich befristet.“
Kann ich in die Vorsorgevollmacht aufnehmen lassen, was der Bevollmächtigte nicht darf? „Ja, die Vorsorgevollmacht ist so individuell gestaltet, dass der Vollmachtgeber den jeweiligen Handlungsbereich des Vorsorgebevollmächtigten vorab entsprechend eingrenzen kann.“
Kann man einen Dritten bevollmächtigen, obwohl man verheiratet ist? „Ja. Es können zum Beispiel Geschwister, Freunde oder Nachbarn sein. Zudem können Sie einen oder mehrere Ersatzbevollmächtigte ernennen. Eine Scheidung führt nicht dazu, dass eine Vollmacht unwirksam wird.“

Auch eine Patientenverfügung zählt zur rechtlichen Vorsorge und ist eine schriftliche Willenserklärung. Dabei wird festgehalten, welche medizinischen Maßnahmen im Falle von schweren Unfällen oder Krankheiten nicht ergriffen werden sollen, wenn man zum Zeitpunkt der Behandlung nicht entscheidungsfähig ist - also etwa, wenn man bewusstlos ist. Gemeint sind unter anderem Bluttransfusionen, Beatmung, künstliche Ernährung oder die Einsetzung von Magensonden. Der Arzt oder die Ärztin muss sich daran halten. Thaler: „Ich empfehle, eine Patientenverfügung in Verbindung mit einer Vorsorgevollmacht zu erstellen.“ Auch eine Patientenverfügung kann man widerrufen. Im Gegensatz zur Vorsorgevollmacht „hält“ sie aber nicht ewig. Sie bleibt acht Jahre wirksam.