Die Digitalisierung und der damit verbundene, oft ausschließlich über das Internet mögliche Zugang zu bestimmten Dienstleistungen, heizt in regelmäßigen Abständen die Debatte um eine etwaige Diskriminierung von Menschen an, die keinen Zugang zu Internet und Smartphone haben oder sich in der digitalen Welt nur schwer zurechtfinden. Zuletzt war es der SPÖ-Chef Andreas Babler, der mit der Forderung eines Rechts auf einen Banktermin und eines Gebührenverbots für Bankgeschäfte am Schalter aufhorchen ließ.

Spesen für Schaltergeschäfte

Aus Sicht des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) steht dahinter die „tatsächliche Problematik“ , dass Bankgeschäfte immer teurer werden, obwohl der Verbraucher mehr Arbeit selbst erledigt und damit auch die Haftung für diese Arbeit übernimmt. Mit dem Fokus auf Online-Banking gebe es außerdem für Leute, die nicht immer online sein wollen, mitunter auch einen „Zwang etwas zu tun, vor dem ich mich eigentlich schützen möchte“, wie es der VKI-Experte Bernd Lausecker formuliert.

Zum Thema persönlicher Kundenbetreuung in den Banken sagt Lausecker: „Gebühren für persönliche Termine bei Banken haben wir bisher noch nicht gesehen, ein Problem ist aber die Verfügbarkeit von Beratungsterminen.“ Letzteres sieht man auch bei der Arbeiterkammer so, weil Öffnungszeiten oft eingeschränkt wären und es teilweise nur noch Foyer-Filialen gibt. Eine deutliche Bestrafung der Kundschaft ortet man in bei Bargeld-Transaktionen am Schalter und papierbezogenen Überweisungen: „Die Spesen für Schaltergeschäfte kratzen teils an der Vier-Euro-Marke.“

3200 Bankfilialen in Österreich

Franz Rudorfer, Geschäftsführer der WKO-Bundessparte Bank und Versicherung, sagt zu den Vorwürfen: „Im Gegensatz zu anderen Ländern bieten die Banken sowohl den digitalen als auch analogen Zugang zu Bankdienstleistungen an. Ganz im Sinne der Wahlfreiheit beim Bezahlen.“ So verschieden die Präferenzen der Menschen rund um das Konto sind, so verschieden seien die Angebote der heimischen Institute. Auf regionaler Ebene und je nach Institut und deren Kundinnen und Kunden würden immer wieder neue Wege gefunden, die Beratung und Service sicherstellen.

Österreich hat, so Rudorfer, fast 3200 Bankfilialen und die Zahl der Filialen seit weitgehend stabil – „im Vergleich dazu ist die Zahl etwa in Deutschland stark zurückgegangen.“ Das gute Bankomatnetz, zusammen mit den Behebungsmöglichkeiten im Handel, würden auch den Zugang zum Bargeld sicherstellen. „Das ist mit der jüngsten Übereinkunft zwischen Gemeindebund und Banken neuerlich unterstrichen worden.“

Verschwindende Minderheit

Fragt man nach der Dimension, die analoge Bankgeschäfte im Bankenalltag haben, sagt etwa RLB-Vorstandsdirektor Rainer Stelzer: „99,7 Prozent aller Kontobewegungen bei Raiffeisen Steiermark werden automatisch beauftragt, also per Überweisung in Mein ELBA, Daueraufträge, Abbuchungsaufträge, POS-Zahlungen in Geschäften – folglich nur mehr 0,3 Prozent durch Zahlscheine am Schalter. Raiffeisen Steiermark biete gleichzeitig mit rund 194 Bankstellen und 62 SB-Bankstellen das dichteste Netz an Bankstellen – „rund jede zweite Bankstelle in der Steiermark“ – sowohl für kompetente kostenfreie Beratung als auch Serviceanliegen.

Der Vorwurf einer „Diskriminierung durch Digitalisierung“ könne aus seiner Sicht daher in keiner Hinsicht nachvollzogen werden. Wichtiger Zusatz: „Die meisten Pensionistinnen und Pensionisten finden sich sehr wohl fit in der Digitalisierung, denn durch die Nutzung der Online-Services haben sie jederzeit und überall Zugriff auf ihr Geld. Zudem stehen in allen Bankstellen eigens ausgebildete Digital Coaches zur Verfügung, um Kunden die Möglichkeiten der digitalen Bankgeschäfte einfach zu erklären.“

Spezielle Kontomodelle

Auch bei der BKS entkräftet man die Vorwürfe. BKS-Vorstandsmitglied Diemar Böckmann sagt auf Anfrage: „Wichtigste Anlaufstelle sind und bleiben weiterhin unsere Filialen, in welchen unsere Kundenberater nicht nur beratend, sondern auch gerne persönlich bei der Abwicklung des täglichen Bankgeschäfts unterstützen.“ Zusätzlich würde man Kunden, die Überweisungen und Bargeldtransaktionen in der Filiale abwickeln wollen, ein spezielles Kontomodell anbieten, bei dem Transaktionen generell ohne zusätzliche Entgelte in Anspruch genommen werden können. „Selbstverständlich können auch Zahlscheine jederzeit in der Filiale aufgegeben werden. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“

Darüber hinaus würde man in den BKS-Filialen eigens konzipierte Veranstaltungen unter dem Titel „Digital – einfach erklärt“ anbieten. „Hier wird die einfache Handhabung digitaler Features praktisch erklärt, aber auch wichtige Informationen zum Thema Cybersecurity werden an unsere Kunden weitergegeben. „Ausgezeichnet besucht war auch die Kooperationsveranstaltung mit dem Seniorenbund, welche im Mai in unserer Zentrale in Klagenfurt stattgefunden hat, unter dem Thema ,Gemeinsam sicher im digitalen Alltag‘.“

Und das Gesetz?

Rechtlich ist die Lage komplex, wenn sich Österreicherinnen und Österreicher durch die Digitalisierung bei Bankgeschäften teilweise diskriminiert fühlen. „Wenngleich eine rechtlich verbindliche Allgemeinverpflichtung fehlt, überhaupt über ein Konto zu verfügen, bringt es der Alltag mit sich, dass de facto ein Konto und der digitale Umgang mit diesem zur Durchführung von Bankgeschäften ungeschriebenes Gesetz, sprich: unerlässlich ist“, sagt der Grazer Rechtsanwalt Harald Christandl. Anders als bei Grundversorgern, wie etwa im Bereich der Telekommunikation oder bei Trinkwasser, die zur Erbringung von sogenannten gleichwertigen Universaldiensten verpflichtet sind, bestehe Derartiges bei der Durchführung von Bankgeschäften zu identen Konditionen nicht.

Aus Artikel 7 im Bundes-Verfassungsgesetz, wonach Gleiches gleich zu behandeln und Diskriminierung strikt zu vermeiden ist, ergibt sich, wie Christandl erklärt, dass bei Bankgeschäften derjenige nicht zu benachteiligen ist, der aus diversen Gründen über keine Hightech-Ausrüstung verfügt oder aber mit dem Umgang von Apps und dergleichen schlichtweg nicht bewandert ist. Barrierefreiheit bedeute eben gerade nicht, dass die Grundversorgung mit der Durchführung von Bankgeschäften zu Mehrkosten für den Kunden führt, dieser durch Filialschließungen und dergleichen in zeitliche Bedrängnis gerät oder bei der Durchführung von Bankgeschäften sonst irgendwie benachteiligt ist, – auch eingedenk der Notwendigkeit, das Bankgeschäft durchzuführen.

Barrierefreiheit absichern

Mehrkosten dafür zu verlangen, „dass die Bank bei persönlichem Kundengeschäft das ihr übertragene und konzessionierte Geschäft ordnungsgemäß besorgt“, ist nach Christandls Dafürhalten kein zulässiges Mittel, dem Grundversorgungsgedanken gerecht zu werden. Im Hinblick auf technisch Ungeübte und jene, denen die Mittel für eine technische Grundausrüstung oder das Knowhow fehlen, spricht sich der Anwalt dafür aus, Privatautonomie und wirtschaftliche Optimierung wegen Diskriminierung in die Schranken zu weisen. Sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene werde es legistisch unerlässlich sein, Barrierefreiheit bei der Durchführung von Bankgeschäften bedingungslos einzuführen und zu gewährleisten – und jedenfalls Ungleichbehandlungen wie Mehrkosten und erschwerte Zugänge gesetzlich zu unterbinden.