Eine „Mieselsüchtigmachen“ und ein „Schlechtreden des Tourismus durch bestimmte Gruppen“ ortet Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer. Die künftige Bundesregierung müsse sich verstärkt um den Tourismus kümmern und etwa die Lohnnebenkosten senken, Steuererleichterungen bei Betriebsübergaben vornehmen, die Abschreibungsdauer an die Nutzungsdauer anpassen und gegen den Arbeitskräftemangel vorgehen, so Mahrer. Denn der Tourismus mit seinen fast 95.000 Betrieben werde unterschätzt, rund 678.000 Arbeitsplätze hingen direkt oder indirekt am Tourismus. Mahrer wünscht sich „zumindest“ wieder ein eigenes Staatssekretariat für Tourismus, oder gleich ein Tourismus- und Regionenministerium, denn Letztere seien mit dem Tourismus eng verbunden.

Die Senkung von Mehrwertsteuersätzen im Tourismus ist eine weitere Forderung Mahrers, das Ausmaß sei „eine Frage der budgetären Machbarkeit“. Ob ein Betrieb z. B. zwei Prozent weniger Steuerlast für eine höhere Marge verwendet oder die Preise senkt, sei Sache des Unternehmens. Mahrer würde keine Empfehlung abgeben.

Deutlich gestiegene Preise in Gastronomie und Hotellerie werden von der Statistik Austria regelmäßig als Treiber der Inflation identifiziert. Mahrer meint, dass sich zwar viele an die Preise auf der Speisekarte vor zwei Jahren erinnern, aber ihren eigenen Lohnzettel nicht vergleichen würden. „Sehr hohe Lohnsteigerungen und viel Unterstützungsgeld der Regierung“ hätten die Preissteigerungen „doppelt abgefedert“, so Mahrer. Die Gefahr, sich aus dem Markt hinauszupreisen, bestehe immer. Doch Österreich sei im „internationalen Qualitätswettbewerb“, in dem sich der Tourismus befinde, „nicht zu teuer“. Eine niedrigere Mehrwertsteuer und geringere Lohnnebenkosten würde auch dafür sorgen, dass Österreich wettbewerbsfähig bleibe und die Preise nicht zu hoch steigen.

Eine „Market“-Umfrage unter 1000 Personen sieht der WKÖ-Präsident als positives Signal. Demnach orten 72 Prozent eine positive Grundstimmung für den Tourismus, im Westen sind es 78, in Südösterreich (Steiermark, Kärnten) 71 Prozent. 66 Prozent der Tourismusbetriebe beurteilen die aktuelle Situation im Tourismus positiv, deutlich mehr sind es im Städtetourismus.

Der Vorschlag von FPÖ-Chef Herbert Kickl, die Wirtschaft solle mehr EU-Ausländer für freie Stellen holen, sei dessen Unkenntnis geschuldet, so Mahrer. Den Demografiewandel gebe es in ganz Europa, alle EU-Staaten suchten Mitarbeiter in Drittstaaten. Er fordert ein eigenes „Westbalkan-Kontingent“ für Bürger aus Bosnien, Serbien und Montenegro, die im „Schnellverfahren“ zur Arbeit im heimischen Tourismus zugelassen werden sollten. Heute würden diese durch Österreich nach Bayern und Baden-Württemberg fahren, wo eine solche Regelung bestünde. Gewerkschaftsvertretern, die stets gegen solche Kontingente sind, bescheinigt Mahrer „Steinzeitargumente und eine Brille der 1970er-Jahre. Damals hatten wir Arbeitslose, die arbeiten wollten – und nicht Arbeitslose, die nichts tun wollen und die ich nicht aktivieren kann.“

Dass so wenige Betriebe wie noch nie Lehrlinge ausbilden und die Zahl der Tourismuslehrlinge in 15 Jahren um mehr als die Hälfte gesunken ist, liege „am strukturellen Wandel und den bürokratischen Auflagen“. Die „Bürokratiemonster“ kosteten die Betriebe Geld und Zeit, die für die Ausbildung fehlten, so Mahrer.