Besucher des Klagenfurter Philips-Werks empfängt im Eingangsbereich eine riesige, digitale Anzeigentafel. Auf dieser ist mit einem Blick zu erkennen, welche Produktionslinie gerade was fertigt, welche Anlagen gewartet werden oder stillstehen. Nicht nur Standortleiter Hans Peter Rammel weiß also bei Dienstantritt sofort, ob alles läuft, wie geplant. Fotografiert werden darf die Anzeige nicht, denn sie zeigt detailgetreu den Echtbetrieb und wäre für Mitbewerber wohl ein interessanter Blick hinter die Kulissen.

Der autonom fahrende Roboter, der von den Mitarbeitern liebevoll Chantal genannt wird
Der autonom fahrende Roboter, der von den Mitarbeitern liebevoll Chantal genannt wird © Thomas Hude

„Wir sind auf Körper- und Mundhygiene spezialisiert“, sagt Rammel. Zahnbürstenköpfe, Schneideelemente für Rasierer und Werkzeuge werden vor Ort entwickelt und produziert. Komponenten des Klagenfurter Werkes finden sich aber auch in medizinischen Geräten wie Defibrillatoren. Das Hamburger Philips-Werk, das Röntgengeräte herstellt, greift unter anderem auf Kärntner Know-How in Sachen Fertigungsprozesse und Werkzeuge zurück.

Mini-Mode

Der Minirock-Mode in den 1970er Jahren verdankt der Standort, dass er von einem No-Name-Produzenten von Herrenrasierern für das Versandhaus Neckermann zu einem Healthcare-Spezialisten innerhalb des Konzerns wurde. „Denn der Minirock war ein Mitgrund für die Entwicklung des Lady Shavers in Klagenfurt“, berichtet Rammel. Heute noch werden einzelne Geräte, die in den 1960er und 1970er Jahren im Werk in Klagenfurt hergestellt wurden, in einem Koffer liebevoll aufbewahrt. Nimmt man sie in die Hand, staunt man über die etwas sperrige Handhabung und das beachtliche Gewicht der Rasierer, die heute nicht mehr konkurrenzfähig wären. Ebenso stark wie die Produkte hat sich der Standort verändert. Besonders deutlich wird das in der Produktion. „Früher haben unsere Instandhaltungsmitarbeiter einen Schraubenschlüssel und einen Hammer gehabt. Heute haben sie ein Tablet oder Handy“, sagt Rammel.

Roboterarme sortieren mit Präzision die vielen verschiedenen Zahnbürstenköpfe, die laufenden Qualitätskontrollen unterzogen werden. Zwischen den Produktionslinien saust ein autonom fahrender Roboter herum, der die Komponenten zu den richtigen Anlagen chauffiert. Tritt ihm ein Besucher in den Weg stoppt er sofort und zwinkert mit seinen blauen „Augen“. Vielleicht ein Grund, warum die Mitarbeiter jedem einzelnen einen Namen gegeben haben. Uns ist beim Werksbesuch Chantal über den Weg gelaufen.

Philips Klagenfurt ist der Spezialist für Mundhygiene
Philips Klagenfurt ist der Spezialist für Mundhygiene © Thomas Hude

„In den vergangenen zehn Jahren wurden 30 Millionen Euro am Standort investiert und es gibt laufend weitere Investitionen“, sagt Philips-Österreich-Chef Johannes Ebner. Seit zehn Jahren ist der Mitarbeiterstand bei Philips Klagenfurt mit 205 Personen konstant, wobei – auch dank Automatisierung – die Produktivität im gleichen Zeitraum um 30 Prozent gesteigert wurde. 2023 lag die Mitarbeiter-Fluktuation bei 1,57 Prozent, wie der Geschäftsführer berichtet. Man arbeite intensiv an der Zufriedenheit der Beschäftigten, streicht Personalchefin Ilse Rapatz hervor. Das fange bei der Bezahlung über Kollektivvertrag an und reiche über medizinische Angebote bis hin zu Sportmöglichkeiten. Nichtsdestotrotz sei es, wie für viele anderen Unternehmen auch, nicht mehr so leicht, geeignete Lehrlinge zu finden. Im Herbst starten zwei in ihr erstes Lehrjahr.

Mieter gesucht

Ursprünglich war am einst als „Haushaltsgerätewerk“ bekannten Standort in Südring-Nähe auch die Entwicklung von Küchengeräten wie Heißluft-Fritteusen und Stabmixern angesiedelt. Vor einigen Jahren wurde dieser Bereich jedoch ausgekoppelt und als Versuni ein eigenständiges Unternehmen, das, wie berichtet, Ende Juni in Klagenfurt geschlossen hat. Philips Österreich sucht nun einen Mieter für einen Teil der frei gewordenen Flächen.

Johannes Ebner (Geschäftsführer Philips Austria)
Johannes Ebner (Geschäftsführer Philips Austria) © Thomas Hude

Mit 56 Millionen Euro erwirtschaftete das Philips Werk Klagenfurt im Jahr 2023 rund 50 Prozent des Jahresumsatzes von Philips Österreich, wobei es neben dem Headquarter in Wien noch sieben Zweigniederlassungen für die Außendienstmitarbeiter in den Bundesländern gibt. Der Klagenfurter Standort ist seit dem Vorjahr CO2-neutral unter anderem dank Fernwärme und PV-Anlage. Mitarbeiter haben letztere vor einigen Jahren finanziert - und bekommen dafür drei Prozent Zinsen.

Hans Peter Rammel (Standortleiter) mit Geräten aus den 1960er und 1970er Jahren
Hans Peter Rammel (Standortleiter) mit Geräten aus den 1960er und 1970er Jahren © Thomas Hude