Der Ministerrat fasste einen entsprechenden Beschluss, hieß es von Italiens Verkehrsministerium. Minister Matteo Salvini (Lega) meinte, mit der „österreichischen Arroganz Schluss machen“ zu wollen. Österreichs grüne Verkehrsministerin Leonore Gewessler verteidigte dagegen die Maßnahmen. Verkehrsminister und Vizepremier Salvini gab an, damit „die Rechtssicherheit für die europäischen Spediteure wiederherzustellen.“ Italien reichte die Klage laut Artikel 259 EG-Vertrag ein, was ein präzedenzloser Fall war.

„Arrogant“-Konter von Gewessler

„Arrogant ist, wer die Profite der Frächterlobby über die Bedürfnisse und Sorgen der Menschen in der betroffenen Region stellt“, spielte Gewessler den Ball zurück an Salvini. Dieser zeige mit der Klage erneut, dass ihm „die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort egal“ seien. Die Tirolerinnen und Tiroler würden „unter untragbaren Zuständen“, wie „Stau, Lärm und schlechter Luft“ leiden. „Wir werden die rechtskonformen Maßnahmen weiter verteidigen - auch vor dem EuGH“. Österreich bleibe aber „gesprächsbereit“ und es gelte, am „Verhandlungstisch nach einer Lösung“ zu suchen.

Die schwarz-rote Tiroler Landesregierung hatte indes „mit der Klage gerechnet“ und sei „bereits bestmöglich vorbereitet“, sagte Mattle in einer Stellungnahme gegenüber der APA. „Sobald uns der Schriftsatz vorliegt, werden wir gemeinsam mit der Bundesregierung und Europarechtsexperten die Verteidigungsstrategie erarbeiten.“ Der EuGH habe nun „offiziell die Wahl“, sich zwischen der „Gesundheit der Menschen“, dem „Schutz der Umwelt“ oder den „Interessen der Frächter-Lobby“ zu entscheiden. „Ich stehe jedenfalls an der Seite der Bevölkerung, denn Tirol kann und will nicht mehr Lkw aufnehmen“, hielt er fest.

Freier Warenverkehr eingeschränkt

Die EU-Kommission hatte Mitte Mai im Transit-Streit den Weg für die Klage Italiens freigemacht. In einer Stellungnahme gab die Behörde der Kritik Italiens in markanten Bereichen recht, auf ein eigenes Vertragsverletzungsverfahren wurde aber verzichtet. Einige der Tiroler Maßnahmen würden den freien Warenverkehr einschränken. Konkret nannte man hier in einer veröffentlichten Aussendung am Ende eines dreimonatigen Verfahrens das Nachtfahrverbot, Sektorales Fahrverbot für „bestimmte schienenaffine Güter“, das Winterfahrverbot an Samstagen und die Rationierung der Einfahrt von Schwerlastfahrzeugen auf die Autobahn, also die Lkw-Blockabfertigung bzw. Dosierung.

Einige Argumente Österreichs erkannte die Brüsseler Behörde zwar an, die Maßnahmen seien aber nicht kohärent und könnten daher nicht „durch die Erreichung der angestrebten Ziele (Umweltschutz, Straßenverkehrssicherheit, Verkehrsfluss oder Versorgungssicherheit) gerechtfertigt werden.“ Darüber hinaus dürften einige dieser Maßnahmen ausländische Unternehmen eher betreffen als österreichische, hieß es. Was den Einwand Italiens gegen Österreich bezüglich einer angeblich mangelnden loyalen Zusammenarbeit anbelangte, stellte die Kommission hingegen fest, dass Italien keine ausreichenden Beweise zur Untermauerung dieses Vorwurfs vorgelegt hatte.

Verfahren dürfte sich hinziehen

Bis der EuGH eine Entscheidung in der Causa fällt, dürfte indes einige Zeit ins Land ziehen. Laut dem Europarechtsexperten Walter Obwexer, der auch die Tiroler Landesregierung in Transitfragen berät, dauere ein Verfahren im Schnitt eineinhalb bis zwei Jahre. Der Europäische Gerichtshof befasst sich nicht zum ersten Mal mit den Transit-Regelungen in Tirol. Frächterverbände sowie die EU-Kommission riefen den EuGH bereits mehrmals an, um sich gegen Teile wie das Sektorale Fahrverbot oder die Blockabfertigung zu wehren. Tirol musste daraufhin bei der Ausgestaltung nachbessern, dennoch sind die Maßnahmen bis heute in Kraft.