Das Erbvolumen liegt in Österreich derzeit laut Schätzungen bei jährlich 20 Milliarden Euro. Ein Großteil davon ist Immobilienvermögen. Der Klassiker dabei wiederum ist der elterliche Hauptwohnsitz bzw. ein Anteil daran. Eine Menge also, die sich noch einmal um den Faktor nach oben korrigieren lässt, dass es immer mehr ältere Menschen gibt und geben wird, dass tendenziell immer mehr Geld in Immobilien fließt, dass Immobilien im Wert steigen. Vererben und Verschenken von Immobilien also wird zum großen Thema der nächsten Jahrzehnte.

Aktuell wird es auch davon angefacht, dass eine Erbschaftssteuer im Raum steht. Die Sorge der Immobilien-Besitzer spürt man auch in den Kärntner Notariaten. „Es herrscht große Sorge, dass in Österreich eine Erbschafts- oder Vermögenssteuer eingeführt wird. Daraus ergibt sich natürlich das Bestreben, es steuerschonend schon jetzt an die nächste Generation weiterzugeben“, sagt der Präsident der Kärntner Notariatskammer, Werner Stein.

Kommt denn eine solche Steuer? „Wir wissen es nicht“, sagt Stein. „Aber wir rechnen damit, dass etwas kommt.“ Die Kärntner Notare geben dennoch den Rat, kein Vermögen bzw. keine Immobilien bloß aus steuerlichen Gründen zu übertragen.

Notariatspräsident Werner Stein: „Wir rechnen damit, dass etwas kommt“
Notariatspräsident Werner Stein: „Wir rechnen damit, dass etwas kommt“ © Helge Bauer

Und eine Wohnung oder ein Haus auch nicht überhastet und vorschnell zu übergeben. Die allermeisten haben nur eine einzige Immobilie. Sie ist in den häufigsten Fällen gleichzeitig ihre Wohnversorgung und ihr wichtigstes Hab und Gut. Verständlich also, sie gesichert weitergeben zu wollen.

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Wer ein Testament macht, kann es jederzeit widerrufen oder abändern. „Wer aber eine Schenkung oder eine Schenkung auf den Todesfall gibt, ist gebunden und kann die Urkunde nicht mehr selbstständig zurücknehmen. Es ist ja ein zweiseitig verbindlicher Vertrag. Auch der Beschenkte hat unterschrieben“, erklärt Stein. Im Notariatsakt „Schenkung auf den Todesfall“ verspricht der Geschenkgeber für den Fall seines Ablebens die schenkungsweise Übertragung eines bestimmten Vermögensteils an den Geschenknehmer. Auch eine etwaige Steuer, wenn sie denn kommt, fällt erst an, wenn der Schenker verstorben ist. „Auch deshalb rate ich von dieser Konstruktion ab. Sie ist ungewiss und der Geschenkgeber hat das Heft aus der Hand gegeben“, sagt Stein.

Warum die Warnung? „Weil Beziehungen sich ändern können“, sagt Stein, der von zwei Beispielen erzählt, die zeigen, wozu es führen kann, zu früh Immobilien zu verschenken.

Beispiel 1: Der Streit

Ein Kärntner Ehepaar hatte eine gute Beziehung zu seinem bereits erwachsenen Kind. Die Eltern hatten das Beste vor, als sie ihrem Kind das gediegene Familiengrundstück samt Haus bereits zu Lebzeiten übergaben. Was geschah? Kind und Eltern entfremdeten sich, mieden sich gegenseitig und tun das bis heute. Das Kind verkaufte Haus und Grundstück, die Eltern mussten zusehen.

Beispiel 2: Die Drogensucht

Ein Kärntner ist das einzige Kind seiner Eltern. Sie übertrugen dem studierten Arzt ihre schöne Wohnung bereits zu Lebzeiten. Der Arzt verfiel in eine Drogensucht, er musste die elterliche Wohnung samt Interieur verkaufen. Die Eltern leben jetzt in einer kleinen Wohnung. Ihr Sohn ebenfalls.

Sich als Übergeber von Immobilien noch ein Wohnrecht zurückzubehalten, ist also mehr als nur eine Überlegung wert. „Auch ein Belastungsverbot oder ein Verkaufsverbot der Immobilie sind mögliche Einschränkungen“, sagt Stein.

Als Immobilienbesitzer ein Testament zu machen, ist freilich ratsam - dann nämlich, wenn der Erblasser nicht will, dass die gesetzliche Erbfolge in Kraft tritt.

Minderjährige Kinder

Wer minderjährige Kinder hat, sollte laut Stein als Immobilienbesitzer jedenfalls ein Testament machen. Bei Ehepartnern empfiehlt sich ein Testament auf Gegenseitigkeit. Wer in Lebensgemeinschaft mit minderjährigen Kindern lebt, sollte ebenfalls ein Testament machen. Sonst erhalten die Kinder die ganze Verlassenschaft. Die Belastungen, die möglicherweise noch auf der Immobilie sind, muss der überlebende Partner tragen, denn minderjährige Kinder dürfen keine Schulden übernehmen. Auch mit einem Hausverkauf wird es schwer. Denn dafür braucht der überlebende Partner die Zustimmung des Pflegschaftsgerichtes.

Mitbesitz - also mehrere Besitzer an einer Immobilie, etwa bei drei Geschwistern - versuchen die Notare grundsätzlich zu vermeiden. „Wenn nur einer das Haus verkaufen will, die anderen beiden aber nicht, hat der eine immer die Möglichkeit, eine Teilungsklage einzubringen - und das Haus wird verkauft.“

Pflichtteil beim Erben

Der Pflichtteil - für Ehepartner und Kinder - kann allerdings nicht „weg-testamentiert“ werden. Er wird grundsätzlich sofort fällig, außer die Erbengemeinschaft trifft zeitliche Vereinbarungen.

Nach dem Erbrecht in Österreich stehen Kindern - egal, wie viele es sind - zwei Drittel der Verlassenschaft zu, dem Ehepartner ein Drittel. Von dieser gesetzlichen Erbquote beträgt der Pflichtteil die Hälfte. Ist ein Erblasser nicht verheiratet, erhalten die Kinder die gesamte Verlassenschaft. Mit (noch lebenden) Ehepartnern beträgt der Pflichtteil des Ehegatten ein Sechstel und der Pflichtteil der Kinder ein Drittel der Verlassenschaft.

Hinterlässt der Erblasser beispielsweise seinem Ehepartner und einem Kind durch sein Testament den gesamten Nachlass und enterbt das andere Kind, bekommt das enterbte Kind trotzdem seinen Pflichtteil, der der Hälfte des gesetzlichen Erbteils entspricht. Und ist dieser Pflichtteil ein Teil einer Immobilie, muss er wertmäßig erfüllt - also etwa (an weichende Kinder) ausbezahlt werden. Stein: „Wir Notare bemühen uns um Lösungen, die für alle passen. Im Einvernehmen geht immer alles.“