Die trockene Meldung lautet: Das US-Elektroauto-Start-up Fisker ist pleite. Die Lage lässt sich mit einem Patienten vergleichen, der nur noch von Maschinen am Leben erhalten wird. Laufend treffen Hiobsbotschaften ein. Aber der letzte Weg, die Maschinen abzuschalten, wird nicht beschritten.

Fisker hat sich für das genannte Chapter-11-Verfahren entschieden, das auch der US-Autohersteller General Motors während der Finanzkrise genutzt hat. Das bedeutet ein künstliches Überleben. Während eines solchen Verfahrens kann ein Unternehmen seine Geschäfte unter dem temporären Schutz des Gerichts vor den Gläubigern weiterführen, sich reorganisieren und sanieren. Ziel ist die Weiterführung des Unternehmens – eine Garantie dafür gibt es nicht.

Bei General Motors ist diese Strategie aufgegangen. Bei Fisker mehren sich Zweifel. Weil das Elektro-Start-up, das sich selbst als Herausforderer Teslas hochstilisierte, nie auch nur annähernd die selbst gesteckten Ziele schaffte. Es ist die Geschichte eines großen Irrtums, ein Lehrbeispiel, wie eine E-Auto-Firma gegen die Wand manövriert werden kann.

So ist das Scheitern zu erklären

Es sind drei Momente, die zeigen, warum Fisker gescheitert ist. Oktober 2022, knapp vor dem Anlauf der Produktion bei Magna in Graz: Firmenchef Henrik Fisker, der früher bereits einmal eine Pleite hingelegt hatte, redet von 150.000 E-Autos, die man 2024 bei Magna bauen möchte. Im Hintergrund werden jedoch Probleme ruchbar.

Auch bei Magna fragt man sich, wer international die Logistik übernimmt, um die Autos in die Welt zu bringen. Auf Anfrage sagt Fisker im Oktober 2022: kein Kommentar. Heute weiß man: Weder die Logistik noch das Händlernetz war entsprechend aufgestellt. Als man die Strategie änderte, war es längst zu spät. Die Produktion läuft schleppend an, auch 2023.

Henrik Fisker sagt: „Ich sehe derzeit keinen Grund, warum wir das nicht schaffen sollten. Wir haben mehr als 63.000 Reservierungen.“ Aber Qualitätsprobleme bei der Software machen die Runde. Es erscheinen verheerende Testberichte. Autos werden nicht ausgeliefert. Fisker mauert auch im Dezember 2023, als Magna-Abbaupläne und verheerend niedrige Produktionszahlen bekannt werden. Fragen beantwortet das Unternehmen so: „Wir wissen, dass es Leute gibt, die unbegründete Gerüchte verbreiten, um Fisker und unserem Partner zu schaden.“

Im Rückspiegel zeigt sich: Das Unternehmen zerbrach im Laufe des Jahres innerlich, im Dezember 2023 wird aber offensichtlich, dass Fisker nur noch ein Luftschloss ist: Über 40.000 Elektroautos wollte man produzieren, 10.000 Ocean-Modelle schaffte man.

Das Kartenhaus stürzt zusammen

Kritische Fragen werden im Jänner 2024 durchwegs mit „kein Kommentar“ beantwortet. Genauso wie Gerüchte, dass man Zulieferer nicht bezahlen könne. Für Investoren schreibt man: „Das Unternehmen geht davon aus, dass das Unternehmen im ersten Halbjahr 2024 Einnahmen aus dem Verkauf bestehender Serienfahrzeuge des Baujahrs 2023 erzielen wird.“ Auch dieses Versprechen wurde nicht gehalten. Letztlich gibt es auch ein Ultimatum von Magna-Seite. Man ist zwar an Fisker beteiligt, aber das Elektroauto-Start-up kann Leistungen nicht begleichen. Das Kartenhaus Fisker stürzt in sich zusammen.

Größtes Insolvenzverfahren der Steiermark

Vermögenswerte von 500 Millionen bis eine Milliarde Dollar (467 bis 934 Millionen Euro) sollen heute Verbindlichkeiten zwischen 100 Millionen und 500 Millionen Dollar gegenüberstehen. Klingt beherrschbar. Doch Anfang Mai war in Graz über die Österreich-Tochter von Fisker bereits ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung eröffnet worden. Die Verbindlichkeiten wurden mit 1,34 Milliarden Euro angegeben. Es handelte sich damit um das bis dato größte Insolvenzverfahren in der Steiermark. Magna musste eine dreistellige Millionensumme abschreiben.