„Nur jedes vierte Kalbschnitzel in der heimischen Gastronomie kommt aus Österreich“, sagt Josef Fradler, Obmann der Bäuerlichen Vermarktung Kärntner Fleisch. Knapp 60 Prozent des verzehrten Kalbfleisches ist Importware aus Ländern wie Deutschland und den Niederlanden – was einer Menge von 62.000 Kälbern entspricht. Im Gegenzug werden 42.000 österreichische Kälber exportiert. Um das zu ändern, wurde 2019 die Initiative „Kalb rosé Austria“ ins Leben gerufen. „Das Ziel ist, mehr Wertschöpfung in Kärnten zu halten und Kälbertransporte zu reduzieren“, sagt Landwirtschaftskammer-Präsident Siegfried Huber.

Mit einigen hundert Stück hat die Initiative begonnen. Mittlerweile werden rund 5000 Kälber pro Jahr unter der Marke „Kalb rosé“ vermarktet. Der Name wurde gewählt, denn das Fleisch der Milchrassekälber, deren Vermarktung bisher als schwierig galt, hat nicht diese typische, weiße Färbung, wie sie Mastbetriebe in Deutschland und den Niederlanden unter anderem durch die Fütterung erzielen.

Huber, Gruber und Fradler (von links)
Huber, Gruber und Fradler (von links) © Landwirtschaftskammer

Mehr Nachfrage als Angebot

Mittlerweile hat sich die Nachfrage so gut entwickelt, dass sie gar nicht mehr gedeckt werden kann. Um mehr Anreize für die heimischen Bauern zu schaffen, hat das Land Kärnten nun ein Förderprogramm auf die Beine gestellt, das am 1. Juli startet. „In Summe fließen 120.000 Euro vom Agrarreferat“, kündigt Agrarreferent und Landeshauptmannstellvertreter Martin Gruber (ÖVP). Gefördert wird nach Stückzahl. Ein Landwirt, der fünf bis zehn Kälber verkauft, erhält zum Beispiel 700 Euro. Der Erzeugerpreis ist mit 5,15 Euro netto pro Kilogramm ein Fixpreis fürs Kalb rosé. Im Vergleich dazu liegt Jungstier aktuell bei 4,65 Euro netto pro Kilogramm. Fradler betont, dass aufgrund der steigenden Nachfrage eine Verdoppelung der Menge Kalb rosé realistisch ist. Langfristig ist es das Ziel des Landes Kärnten, vom Kalbfleischimport unabhängiger zu werden, betont Gruber.

Importfleisch im Wert von 100 Millionen Euro

Kärnten kann sich bei etlichen Fleischsorten zu Gänze selbst versorgen und Ballungszentren wie Graz und Wien mitversorgen. Besonders hohen Selbstversorgungsgrad hat Kärnten bei Geflügelfleisch mit 307 Prozent. 50 Prozent des gesamten Bio-Geflügelfleisches in Österreich kommt aus dem südlichsten Bundesland. Nichtsdestotrotz wird pro Jahr Fleisch im Wert von rund 80 bis 100 Millionen nach Kärnten importiert. Laut Landwirtschaftskammer kommt davon vieles aus dem EU-Ausland sowie aus Drittstaaten und wird von der Gastronomie verarbeitet. Das kritisiert die Landwirtschaftskammer massiv und fordert daher eine verpflichtende Herkunftsbezeichnung für die Wirte.

Seit zwei Jahrzehnten ist die Nachfrage nach Fleisch leicht rückläufig. Vor allem Schweine- und Rindfleisch ist davon betroffen, wobei Geflügelfleisch an Beliebtheit gewinnt und Rindfleisch beim Pro-Kopf-Verbrauch mittlerweile vom Platz zwei verdrängt hat. Bei den Konsumenten stellt die Landwirtschaftskammer ein sehr ambivalentes Verhalten fest. Zwar werde von den Bauern mehr Tierwohl eingefordert, im Supermarkt würden die Kunden dann aber zu Billigfleisch und Aktionsware greifen, statt zum regionalen Fleisch aus tierwohlgerechter Haltung. Signifikant zeigt sich das beim Schweinefleisch. Nur fünf Prozent des Gekauften sind Bio- oder Tierwohl-Produkte.