Jetzt ist die Katze endgültig aus dem Sack. Am Dienstag wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Villacher Brauerei von der Produktionsverlagerung informiert. 28 Personen werden mit 1. Mai gekündigt, wenn sie nicht künftig in Graz arbeiten wollen. Denn wie berichtet, wird das Villacher Bier künftig nach der bisherigen Rezeptur mit Kärntner Rohstoffen in Puntigam gebraut. Mitarbeiter, die in der neuen Stadtbrauerei bzw. am geplanten neuen Logistikstandort keinen Arbeitsplatz finden, will die Brauunion einen Sozialplan anbieten.

Stadtbrauerei

Die Villacher Brauerei, die auf eine über 160-jährige Geschichte zurückblickt, wird zu einer Stadtbrauerei abgespeckt, die nur mehr einen Ausstoß von 7000 Hektoliter haben wird – das entspricht zwei Millionen kleine Bier. Diese deutlich reduzierten Biermengen werden vorwiegend in Fass und Kleinflaschen abgefüllt. Darüber hinaus werde, wie es in der Information für die Mitarbeiter hieß, am Standort Führungen, Brauereikurse und eine Ausbildung zum Biersommelier geben. Aus dem historischen Teil der Brauerei, die 1858 als Fischer Brauerei gegründet wurde, soll laut Brau-Union-Mitarbeiterzeitung „Flaschenpost“ in Zusammenarbeit mit der Stadt Villach ein Brauerei Campus entstehen, der neben der Stadtbrauerei auch einem Veranstaltungsareal Platz bietet. Vier Millionen Euro sollen investiert werden. Fertiggestellt soll die „Biererlebniswelt“ Anfang 2026 werden.

So könnte die Villacher Brauerei nach dem Umbau aussehen
So könnte die Villacher Brauerei nach dem Umbau aussehen © Brau Union

Die rund 100 Arbeitsplätze der Brau Union bleiben zwar erhalten, allerdings soll die Logistik vom Stadtzentrum an den Stadtrand verlegt werden, auch wegen der Verkehrs- und Lärmbelastung. Aber genauere Angaben macht Brau-Union-Vorstandsvorsitzender Hans Böhm noch nicht. Die Entscheidung habe einige Zeit gedauert, sei aber erforderlich gewesen, da die Villacher Brauerei 80 Prozent Überkapazitäten gehabt habe. Wäre sie nicht Teil der Brau Union, sondern ein eigenständiges Unternehmen, wäre sie laut Böhm zuletzt sogar in die Verlustzone gerutscht.

Seit rund zehn Jahren ist die Villacher Brauerei im Besitz der Brau Union, hinter der der niederländische Heineken-Konzern steht. Die bisher geltenden Schutzfristen für Standort und Marke sind nun abgelaufen.

„Leere Marke ohne wahren Charakter“

Nicht nur in Villach sorgt die Verlagerung der Produktion des Traditionsbieres für einen gehörigen Wirbel. In ganz Kärnten und vor allem bei den kleinen, regionalen Brauereien schäumt es gehörig. Niki Riegler, Chef der Privatbrauerei Hirt, sagt: Wir beobachten mit Sorge, wie Großkonzerne Biermarken aufkaufen. Durch Konzernentscheidungen und damit verbundenen Kosteneinsparungen kommt es dann zur Standortschließung und Auslagerung der Produktion. Dadurch geht nicht nur die lokale Verbundenheit verloren, sondern auch die Authentizität und Qualität des Produkts. Alles, was bleibt, ist eine leere Marke ohne wahren Charakter. Umso mehr sind wir uns unserer Verantwortung bewusst, alles daranzusetzen, die Biertradition in Kärnten hochzuhalten.“

Dass für kleine, regionale Brauereien der Wind rauer wird, spürt man auch bei Wimitzbräu. Geschäftsführer Josef Habich sagt: „Vor allem im Einzelhandel gibt es durch Konzerne wie Heineken einen massiven Preiskampf, der kleine Brauereien unter Druck setzt.“ Die Teuerung verschärft die Situation. Denn die Kunden würden im Geschäft zu günstigeren Alternativen greifen. Auf einen Preiskampf mit den Großen werde sich Wimitzbräu jedoch nicht einlassen. „Unser Kunden sind jene, die unseren Qualitätsanspruch und die Bio-Linie honorieren“, betont Habich. So gelinge es, seiner Brauerei zu wachsen, wenn auch langsam.

Für einen „kompletten Witz“ hält Alois Planner von der Biermanufaktur Loncium, dass künftig Villacher auf einem Bier draufstehen darf, dass gar nicht in der Draustadt gebraut wurde. Die Brau Union habe den Standort der Villacher Brauerei über Jahre verkümmern lassen. Obwohl Loncium als Biermanufaktur weniger preissensible Kunden hat, sieht der die Hektoliterpreise der Brau Union kritisch.

Video: Hinter den Kulissen einer Großbrauerei

„Nicht mehr lustig“, findet Josef Rieberer, Chef von Murauer Bier, die permanente Rabattschlacht im Lebensmittelhandel. Murauer sei zwar größer als viele regionale Brauereien, aber solche Preise könne man sich nicht leisten. 20 Euro seien ein angemessener Preis für eine Kiste Bier und nicht 14,80 Euro. Murauer sei dank der Limonandenmarke Murelli und einem hohen Anteil in der Gastronomie aber gut aufgestellt.

„Jahrelang auf Lohn verzichtet“

Massive Kritik an der Produktionsverlagerung übt Arbeiterkammer-Präsident Günther Goach. Er wirft der Brau Union „reine Gewinnmaximierung eines Großkonzerns auf dem Rücken der Menschen“ vor. Darüber hinaus hält er fest: „Am Tag der Arbeit die Menschen zu kündigen und das, obwohl diese jahrelang auf Lohn verzichtet haben und auf einen schlechteren Kollektivvertrag umgestiegen sind, um den Standort zu retten, das ist reiner Zynismus!“

Villachs Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) hält das bevorstehende Zurückfahren des Villacher Standortes „für einen schweren Fehler“, er müsse die Entscheidung jedoch akzeptieren. „Der Schaden an einer der stärksten Kärntner Marken“ sei noch nicht abzuschätzen. „Das Mindeste, das ich nun von der Brau Union erwarte: Dass mit allen zur Kündigung anstehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anständig und finanziell großzügig umgegangen wird.“

Video: Wie Bier in Handarbeit entsteht