Auch der jährliche Bericht des Europäischen Patentamtes (EPA) in München gilt als wichtiger Indikator für die Innovationskraft in den europäischen Regionen und als Maßstab für die Entwicklung im Bereich Wissenschaft und Forschung. Einmal mehr nimmt Österreich im weltweiten Ranking einen hervorragenden Platz ein. Wie bereits im Vorjahr belegte Österreich auch 2023 den 14. Platz im Ranking der patentaktivsten Ursprungsländer beim EPA. Gemessen an der Einwohnerzahl (Anmeldungen pro Million Einwohner) platziert sich Österreich auf dem siebenten Rang und liegt damit direkt hinter Deutschland.

Der österreichische Top-Anmelder ist keine Überraschung, es ist wie im Jahr davor der Kunststoffhersteller Borealis. Ihm folgt der Anbieter von Lichtlösungen Tridonic. Auf dem dritten Platz landet Julius Blum. Der Hersteller von Möbelbeschlägen rückte vom achten Platz im letzten Jahr vor. Die ZKW Group, Hersteller von Lichtsystemen und Elektronikkomponenten für Pkw, Lkw und Motorräder, ist dagegen um einen Rang zurückgefallen, bleibt allerdings weiterhin in den Top 5 zusammen mit Fronius International.

Der Westen Österreichs zeigt sich innovationsstark
Der Westen Österreichs zeigt sich innovationsstark © EPA

Die anmeldestärksten Bundesländer sind laut EPA Wien mit 603 Patentanmeldungen, was einem Anteil von 25,6 Prozent aller Anmeldungen entspricht, gefolgt von Oberösterreich (497; 21,1 Prozent). Die Steiermark komplettiert die Top-3 mit 317 Anmeldungen (Anteil: 13,2 Prozent). Somit machen die Top 3-Bundesländer in Österreich über 60 Prozent des Anmeldevolumens aus. Wie im Vorjahr stieg die Zahl der Patentanmeldungen aus Kärnten weiter an (188, – plus 8,7 Prozent).

Was auffällt: Lediglich 17 Prozent der aus Österreich eingereichten Anmeldungen haben wenigstens eine Frau als Erfindern aufgewiesen. Dies ist der niedrigste Anteil unter den zwölf größeren europäischen Patentanmeldeländern (mit mehr als 2000 Anmeldungen pro Jahr) und liegt erheblich unter dem Durchschnitt der 39 EPA-Mitgliedstaaten (27 Prozent).

Ungeschlagen: Borealis konnte die Topp-Position klar verteidigen
Ungeschlagen: Borealis konnte die Topp-Position klar verteidigen © EPA

Ilja Rudyk, Senior Economist beim EPA, hat im Gespräch der Kleinen Zeitung eine Erklärung dafür: „Das lässt sich zu einem großen Teil durch die Spezialisierung Österreichs auf Bereiche wie Maschinenbau, Bauwesen und Elektrotechnik erklären, in denen der Anteil der Erfinderinnen traditionell geringer ist.“ Außerdem, so Rudyk, leisten Industrieunternehmen in Österreich einen hohen Beitrag zu den Patentaktivitäten in Österreich im Vergleich zu Anmeldungen von öffentlichen Forschungseinrichtungen oder Universitäten, in denen Frauen meist stärker vertreten seien.

Und Österreich als Autoland? Kann Forschung und Entwicklung auch bei der E-Mobility mithalten? Rudyk: „Nach einem Rückgang im Vorjahr gab es in 2023 wieder einen starken Anstieg von österreichischem Erfinder und Firmen im Technologiefeld Transport (plus 30.5 Prozent), zu dem auch die Fahrzeugtechnologien gehören.“ Obwohl der Bereich Transport insgesamt beim EPA einen leichten Anmelderückgang an Anmeldungen verzeichnete (minus 0,3 Prozent), sei die Unter-Kategorie „Hybrid, drive-control“ um vier Prozent gewachsen. „Die größten Zuwächse dabei gab es im Bereich Sitze mit einem Plus von 18 Prozent und Heizung mit einem 17-prozentigen Zuwachs – beides beeinflusst beispielsweise über das Gewicht und den Energieverbrauch unmittelbar die Reichweite von E-Fahrzeugen. Insofern tragen viele Teilbereiche zur Weiterentwicklung der E-Mobility bei.“

EPA-Experte Ilya Rudyk
EPA-Experte Ilya Rudyk © EPA

Patentanmeldungen, die sich mit Batterietechnologie beschäftigen, werden einem anderen Bereich zugerechnet, zu “Elektrische Maschinen, Geräte, Energie“. Dieser Bereich wird derzeit von Anmeldern aus Korea, China and Japan dominiert, die zusammen für 70 Prozent der Patentanmeldungen am EPA im Jahr 2023 verantwortlich waren.

Die fünf wichtigsten Herkunftsländer für Patentanmeldungen beim EPA im Jahr 2023 waren die Vereinigten Staaten, Deutschland, Japan, China und die Republik Korea. Rund 43 Prozent der Gesamtanmeldungen stammten von Unternehmen und Erfindern aus den 39 Mitgliedstaaten des EPA – 57 Prozent kamen von außerhalb Europas, was laut der Agentur die Attraktivität des europäischen Technologiemarkts für global tätige Unternehmen untermauert.

Patentanmeldungen pro Einwohner: Österreich global auf Rang 7
Patentanmeldungen pro Einwohner: Österreich global auf Rang 7 © EPA

Und die Zukunftspotenziale? „Das sind vor allem digitale Technologien wie Digitale Kommunikation, Telekommunikation, Biotechnologie und Computertechnologie. Spannend wird auch die Entwicklung der Patentanmeldungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz sein“, so der Experte. Anmeldungen aus Österreich hätten, allerdings von einem niedrigen Niveau ausgehend, auch in diesem Bereich zugenommen.

Den größten Zuwachs im Gesamtvergleich zeigte 2023 unter den 35 Technologiegebieten das Segment Elektrische Maschinen, Geräte, Energie (plus 12,2 Prozent gegenüber 2022), das unter anderem Erfindungen zu sauberen Energietechnologien umfasst, einschließlich einem regelrechten Investitionsboom bei Batterien: Hier nahm die Zahl der Patentanmeldungen um 28 Prozent zu. Patentanmeldungen aus Österreich verzeichneten in der Kategorie Elektrische Maschinen, Geräte, Energie zwar einen deutlichen Rückgang von 336 im Jahr 2022 auf 283 im Jahr 2023. Dennoch liegt Österreich im internationalen Vergleich auf Rang sechs, hinter Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, der Schweiz und ganz knapp hinter dem Vereinigten Königreich.