Er gilt als Kronzeuge in einem der weltweit größten Bilanzskandale: Jetzt kommt Oliver Bellenhaus nach gut dreieinhalb Jahren U-Haft frei. Zunächst berichteten heute, Dienstag, darüber das „Deutsche Handelsblatt“ und der „Spiegel“. Die Kammer des Landgerichts München gab einem diesbezüglichen Antrag der Verteidigung von Oliver Bellenhaus statt. Dieser wird wohl noch heute das Hochsicherheitsgefängnis in München-Stadelheim verlassen.

Laut den Medien ist die Freilassung mit Auflagen verbunden und Bellenhaus darf etwa Deutschland nicht verlassen. Er muss seinen Pass abgeben und sich regelmäßig bei den Behörden melden. Bellenhaus, langjähriger Wirecard-Statthalter in Dubai, steht seit Dezember 2022 vor Gericht und hat dort den mitangeklagten Ex-Chef Markus Braun schwer belastet, ebenso wie den früheren Leiter der Buchhaltung.

Die verschwundenen 1,9 Milliarden Euro

Als einziger Wirecard-Manager räumte Bellenhaus bis dato seine Beteiligung an dem Betrug ein. So wurde er zum Kronzeugen des milliardenschweren Finanzskandals, auf seinen Ausführungen baut die Anklage der Staatsanwaltschaft im Kern auf.

Im Juni 2020 stellte sich heraus, dass 1,9 Milliarden Euro – ein Viertel der Bilanzsumme von Wirecard – nicht existierten. In Folge brach der Zahlungsdienstleister zusammen. Bereits die Jahre zuvor war es zu einer intensiven Auseinandersetzung zwischen Wirecard und der „Financial Times“ gekommen. Das Medium hatte bereits früh auf Malversationen hingewiesen.  

Freilassung von Markus Braun abgelehnt

Oliver Bellenhaus schilderte vor Gericht, dass die milliardenschweren Wirecard-Geschäfte in Südostasien mit Drittpartnern erfunden wurden. Er selbst habe Zahlen gefälscht. Ex-CEO Markus Braun sei darüber im Bilde gewesen und habe teils auch operative Anweisungen gegeben. Er sei ein „absolutistischer CEO“ gewesen, sagte Bellenhaus. Markus Braun ist weiter der Meinung, dass es die Umsätze gab. Eine Bande um den flüchtigen Ex-Vorstand Jan Marsalek und Bellenhaus hätte die Milliardenerlöse in Asien hinter Brauns Rücken veruntreut.

Brauns Anwalt Alfred Dierlamm hatte früh Haftbeschwerde eingelegt. Staatsanwaltschaft und Gericht lehnten es jedoch bei regelmäßigen Haftprüfungen stets ab, Braun freizulassen. „Sie sehen bei dem Ex-Chef offenbar noch immer dringende Haftgründe“, schreibt der „Spiegel“.