Bad Eisenkappel hat eine lange, bewegte Bergbaugeschichte. Für diese könnte ein neues Kapitel beginnen, denn ein großes Vorkommen an Thorium wird dort vermutet. Interessant wird die Ressource durch Fortschritte in der Kernforschung. Durch die hohe Energiedicht von Thorium braucht es nur eine geringe Menge. Laut Physiker Mario J. Müller, der als Forschungsleiter von Emerald Horizon an einem Reaktor-Prototyp arbeitet, würden 400 Kilogramm Thorium für den Betrieb einer Anlage reichen, die 20 Jahre Strom für 10.000 Haushalte liefern kann.
Der Bürgermeisterin von Eisenkappel/Železna Kapla war das Vorkommen bislang nicht bekannt. Bestens festgehalten ist hingegen, wo Blei, Kupfer, Quecksilber oder Eisen zu finden waren beziehungsweise sind. Laut Schätzungen der Internationalen Atombehörde (IAEA), auf die sich Emerald Horizon bezieht, sollen es zwischen 50.000 und 100.000 Tonnen an Thorium sein, die in Kärnten entdeckt wurden. Damit wäre es das größte Vorkommen Mitteleuropas.
„Thorium-Lagerstätte käme überraschend“
„Thorium fällt beim Abbau von Uran als radioaktives Abfallprodukt an, weil es mit diesem gemeinsam vorkommt“, erklärt Geologe Frank Melcher, der den Lehrstuhl für Lagerstättenlehre an der Montanuniversität Leoben leitet. Eine große Lagerstätte im Süden von Kärnten käme für ihn aber „sehr überraschend“. Ein IAEA-Bericht bezeichnet die Mineralisation als „zu gering, um wirtschaftlich interessant zu sein“. Und auch der Geologe des Landes Kärnten, Franz Goldschmidt, teilt diese Einschätzung: „Hätten wir dieses Vorkommen, wäre es schon seit Jahrzehnten bekannt.“ Für Zwentendorf wurde nämlich österreichweit nach spaltbarem Material gesucht. Abbauwürdige Mengen habe man in Kärnten keine gefunden.
Laut einem Bericht der Geologischen Bundesanstalt aus dem Jahr 2006 treten „hohe Thoriumgehalte in Glimmerschiefern der Kreuzeckgruppe sowie in altpaläozoischen Serien der Karnischen Alpen auf“. Hinweise darauf bietet eine in Kärnten durchgeführte aerogeophysikalische Vermessung, mit der auch andere radioaktive Elemente erfasst wurden. Der größte Unterschied im Vergleich zu Uran: Waffenfähiges Material ist, wie Mario Müller betont, physikalisch genauso unmöglich, wie ein Super-GAU mit einem derartigen Kraftwerkstyp.
Seit vier Jahren arbeitet das Team des Start-ups Emerald Horizon an dem Atomreaktor „made in Graz“. Und das, obwohl die größte Hürde das seit 1978 gültige Atomsperrgesetz jegliche Nutzung der Kernenergie verbietet. Ades heißt der Grazer Flüssigsalzreaktor, der einmal als serienreifes Modul im Containerformat unter anderem auf Frachtschiffen zum Einsatz kommen könnte. Anwendungen in Industrie, Krankenhäusern oder bei Stromtankstellen sind das Ziel.
Erste politische Reaktionen
Nach Medienberichten forderte Kärntens FPÖ-Chef Erwin Angerer die Landesregierung zum Handeln auf: „Die Landesregierung muss dafür sorgen, dass die Vorkommen zumindest geprüft werden, auch in Richtung eines möglichen Abbaus. Wir sollten diese Ressource für Kärnten wirtschaftlich nutzen und wichtige Arbeitsplätze schaffen.“ Die Wertschöpfung müsse in Kärnten bleiben und dürfe nicht abfließen. Angerer erinnert auch an die Lithium-Lagerstätten im Lavanttal, wo ein angekündigter Abbau bereits mehrmals verschoben wurde: „Hier hat sich die Landesregierung offensichtlich zu wenig darum gekümmert, dass auch eine Weiterverarbeitung in Kärnten erfolgt.“ Wie die Kleine Zeitung berichtete, plant die European Lithium die Weiterverarbeitung des Gesteins zu batteriefähigem Lithium in Saudi-Arabien.