Es war ein regelrechtes Rennen um die Gründung der ersten „flexiblen Kapitalgesellschaft“ (auch als FlexKap oder FlexCo bezeichnet) in Österreich, das unlängst zum Jahreswechsel stattfand. Mit der Unterzeichnung der Gesellschaftsverträge bereits am 28. Dezember und dem Firmenbuchantrag beim Handelsgericht Wien zu Silvester knapp nach Mitternacht hatte die „Seedback FlexCo“ des gebürtigen Steirers Gabriel Heiml allerdings die Nase vorn.

„Am 2. Jänner, dem ersten Werktag im neuen Jahr, wurden insgesamt vier FlexCos im Firmenbuch eingetragen“, berichtet der Grazer Anwalt Wolfgang Stenzel, der der Seedback-Gründung juristisch gesunde und flotte Beine verliehen hat. Bei den anderen drei Unternehmen seien die Gesellschaftsverträge erst später unterzeichnet und die Firmenbuchanträge später eingereicht worden. Wozu die ganze Anstrengung? Jungunternehmer Gabriel Heiml sagt es so: „Wir wollten ein Zeichen setzen, dass eine große Nachfrage nach FlexCos besteht, weil man hier mehr Möglichkeiten für innovatives Unternehmertum zulässt. Die Regierung hat das ja eher infrage gestellt. Und Spaß gemacht hat es auch.“

Dabei war der Sprint zum Jahresende eine spontane Idee. Am 19. Dezember 2023 hatte Heiml in Graz ein ausführliches Erstgespräch mit Wolfgang Stenzel., der ihm von der Start-up-Szene empfohlen worden war. „Wir haben über die Vorteile der FlexCo gesprochen und finalisiert, wie die Seedback FlexCo gestaltet werden soll. Am nächsten Tag ging es für mich direkt wieder nach Wien, wo ich wohne, und wo auch unser Firmensitz ist, um mit meinem Partner die Details des Cap-Tables zu finalisieren und etwaige Klauseln zu besprechen“, erzählt Heiml.

Am 28. Dezember wurden die Verträge von allen Beteiligten über eine Web-Plattform elektronisch unterfertigt. „Nach der Unterschrift war ich auf dem Weg nach Schladming, um dort diesen Meilenstein auf der Skipiste zu feiern. Da erreichte mich die Nachricht, dass es aufgrund der späten Beschließung des Gesetzes Schwierigkeiten geben könnte, das Geschäftskonto noch 2023 zu eröffnen. Das hätte unser Unterfangen sofort zunichtegemacht, weil die Stammeinlagen vor Einreichung des Firmenbuchgesuchs einbezahlt werden müssen“, berichtet der Gründer. Nach vielen Telefonaten, von der Skipiste aus, hatte man eine geeignete Strategie parat.

Treuhandkonto als Absicherung

Um auf Nummer sicher zu gehen, wurde beim Notariat Christian Frühwirth ein Treuhandkonto errichtet, auf das Heiml die Stammeinlage einzahlte. „Das brachte uns die notwendige Sicherheit, auch tatsächlich die erste FlexCo gründen zu können“, sagt Heiml, der in der Start-up-Szene ein „sehr großes“ Interesse an der neuen Gesellschaftsform ortet. „In der nächsten Zeit wird es bei Start-ups sicher nur FlexCo-Gründungen geben.“

Mitarbeiterbeteiligung als Hauptargument

Für den Jungunternehmer hat vor allem die neue Form der Mitarbeiterbeteiligung (Stichwort „Unternehmenswert-Anteile“) für die FlexCo gesprochen, wie er sagt. „Die Mitarbeiterbeteiligung geht leichter und ist kostengünstiger, und man muss dafür nicht immer extra zum Notar. Man ist flexibler, das zieht sich durch alle Bereiche - weil wir viel bei Kunden unterwegs sind und phasenweise im Homeoffice arbeiten, war das für uns wesentlich.“ Angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Lage ist es, wie Heiml sagt, für junge Gründer noch einmal wichtiger geworden, für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen langfristigen Anreiz zum Verbleib im Unternehmen zu schaffen und ihnen damit auch ein entsprechendes Maß an Perspektiven für die Zukunft bieten zu können.

Die Möglichkeit, Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens teilhaben zu lassen, sei ein wichtiges Instrument, um die besten Köpfe auf dem Arbeitsmarkt für sich gewinnen zu können. „Neben dieser wirtschaftlichen Komponente hat die neue Mitarbeiterbeteiligung auch den Vorteil, die Identifikation mit dem Unternehmen wesentlich zu erhöhen.“ Der Grundgedanke deckt sich freilich auch mit dem Geschäftsmodell von Seedback, Unternehmen eine ganzheitliche Lösung für eine verbesserte Feedback-Kultur im eigenen Haus anzubieten.

Gesellschafterrechte

Wolfgang Stenzel sagt zu den angesprochenen Unternehmenswert-Anteilen: „Die Mitarbeiter sind hier am Bilanzgewinn beteiligt und am Liquidationserlös, wenn die Gesellschaft aufgelöst wird, haben aber wenig Gesellschafterrechte.“ Anders gesagt: Man ist am ökonomischen Erfolg des Unternehmens beteiligt, hat aber keinen Einfluss auf strategische Entscheidungen. Auch Stenzel prophezeit der neuen Gesellschaftsform eine glänzende Zukunft: „In spätestens fünf Jahren wird die Mehrheit der Start-ups sicher als FlexCos gegründet.“ Schon in Vorabvereinbarungen von 2023 sei von Gesellschaftern häufig eine Klausel in die Verträge eingefügt worden, dass die GmbH, sobald es eine FlexCo gibt, zu einer solchen umgegründet werden müsse, was juristisch auch kein Problem ist. Auch der umgekehrte Weg ist möglich.

Thema Aufsichtsrat

Aus Sicht des Anwalts gibt es nur einen Grund, der gegen die neue Gesellschaftsform sprechen könnte: Anders als bei der klassischen GmbH sei hier schon für mittelgroße Gesellschaften (eine Größenklassse, die das Unternehmensgesetzbuch definiert) ein Aufsichtsrat nötig. „Sonst gibt es nur nostalgische Gründe, wenn man möchte, dass hinter dem Firmenwortlaut GmbH steht und nicht FlexCo.“ Offen ist derzeit freilich, ob sich die Begeisterung für FlexCos auch auf internationale Investoren überträgt. „Vielleicht ist der eine oder andere zurückhaltend, weil es zur FlexCo noch nicht so viel Literatur und Judikatur gibt. Ich kenne aber keine Rückmeldungen in dieser Hinsicht,“ sagt der Grazer Rechtsanwalt.