Die schlechte Nachricht zuerst: Die heimische Wirtschaftsleistung wird laut den Ökonomen des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) und des Instituts für Höhere Studien (IHS) heuer um 0,8 beziehungsweise 0,7 Prozent schrumpfen. Inflationsbedingt gesunkene Realeinkommen und die weltweit stotternde Industrieproduktion belasteten die heimische Wirtschaftsentwicklung im laufenden Jahr. Aber: Die Inflationsrate soll hingegen von heuer 7,9 Prozent (Wifo) bzw. 7,8 Prozent (IHS) auf 4,0 bzw. 3,9 Prozent (2024) und 3,1 bzw. 3,0 Prozent (2025) sinken.

„Was uns 2023 belastet hat, sind ein schwacher Konsum und noch schwächere Investitionen, sowie Rezession im Handelssektor, im Bauwesen und in der Industrie“, sagte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr bei der Präsentation der Konjunkturprognose in Wien. „Der Tiefpunkt der Konjunktur dürfte aber mit Jahresende 2023 durchschritten sein.“ Laut Felbermayr sollten steigende Reallöhne und ein stabiler Arbeitsmarkt den privaten Konsum anschieben und die Konjunktur beleben. „Der Bau wird 2024 weiter schrumpfen, auch die Industrie erholt sich angesichts sehr uneindeutiger Frühindikatoren nur schleppend“, so der Wifo-Chef.

Inflationsbekämpfung gefordert

Für IHS-Direktor Holger Bonin hat sich die Konjunkturprognose seines Instituts „im Kern seit dem Herbst nicht verändert“. Man dürfe „nicht in den Krisenmodus verfallen“. Sorgen bereitet Bonin aber die „hartnäckige“ Teuerung. „Die Inflation ist nicht nur ein soziales Problem, sondern es wird für Österreich immer zum Standortproblem.“ Der Inflationsunterschied zu den anderen europäischen Ländern schließe sich in den kommenden Jahren nur langsam. Bonin und Felbermayr forderten von der heimischen Regierung einen stärkeren Fokus auf die Inflationsbekämpfung, etwa durch eine Senkung der staatlichen Ausgaben.

IHS-Chef Holger Bonin
IHS-Chef Holger Bonin © GEORG HOCHMUTH

Die Reaktionen

Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) verwies in einer Aussendung auf die Konjunkturmaßnahmen wie etwa den Gebührenstopp auf Bundesebene, die Abschöpfung von Krisengewinnen bei Energiekonzernen und die Verlängerung der Strompreisbremse. Der Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Karlheinz Kopf, fordert „ein Bündel an Maßnahmen“, um Betriebe und deren Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. ÖGB-Chefökonomin Helene Schuberth drängt angesichts der schwächelnden Industrie und der angespannten Lage in der Bauwirtschaft auf eine Investitionsoffensive. SPÖ-Klubobmann Philip Kucher pocht weiter auf eine Streichung der Steuern auf Grundnahrungsmittel, bis „die Inflation dort wieder in einem normalen Bereich ist“. FPÖ-Wirtschaftssprecher Axel Kassegger fordert ein Maßnahmenpaket für eine Ankurbelung der heimischen Wirtschaft. NEOS-Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker regte einmal mehr eine Senkung der Lohnnebenkosten und eine Reduktion der Steuern auf Arbeit an. 

Die schwächelnde Industrie wird sich laut Wifo und IHS im kommenden Jahr die Konjunkturerholung in Österreich verzögern. Die Wirtschaftsforscher erwarten in ihrer am Donnerstag vorgestellten Prognose für 2024 Jahr ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,9 bzw. 0,8 Prozent und 2025 von 2,0 bzw. 1,5 Prozent. Steigende Realeinkommen werden die Konjunktur stützen. Nach zwei Jahren mit sehr hoher Teuerung soll sich 2024 die Inflationsrate hierzulande halbieren. Trotzdem rechnet das Wifo mit einer hartnäckigen Teuerung bei Industriegütern, Nahrungsmitteln und vor allem Dienstleistungen.

Arbeitsmarkt hält sich

Der Wirtschaftsabschwung hat den österreichischen Arbeitsmarkt bisher nur leicht getroffen. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition stieg von 6,3 Prozent im Jahr 2022 auf heuer 6,4 Prozent. Die Quote nahm auch zu, weil Vertriebene aus der Ukraine seit dem Frühjahr 2023 in der Arbeitslosenstatistik aufscheinen. Für das kommende Jahr rechnet das Wifo mit einer gleichbleibenden Arbeitslosenrate und das IHS mit einem Anstieg um 0,2 Prozentpunkte auf 6,6 Prozent. 2025 soll die Rate dann wieder auf 6,0 bzw. 6,3 Prozent sinken.

Das Wifo erwartet heuer ein staatlicher Finanzierungssaldo, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, von minus 2,3 Prozent, das IHS mit einem Budgetsaldo von minus 2,8 Prozent. Für 2024 prognostizieren die Institute ein Finanzierungssaldo des Staates laut Maastricht-Definition von minus 2,4 bzw. minus 2,3 Prozent.

Löhne, Pensionen und Schulden steigen

Inflationsbedingt steigende Ausgaben für Löhne und Gehälter, Pensionen und indexierte Sozialleistungen sowie höhere Zinsen bei der Staatsverschuldung belasten den öffentlichen Haushalt. Die Abgeltung der kalten Progression bei der Lohn- und Einkommensteuer sowie die Tarifsenkung bei der Körperschaftsteuer führen zu weniger Staatseinnahmen.