Noch nie zuvor gestalteten sich Metaller-Lohnverhandlungen, die als beispielgebend für andere Branchen gelten, so schwierig wie in diesem Jahr. Gestartet wurden die KV-Verhandlungen am 25. September, Donnerstagabend wurde in der achten Verhandlungsrunde ein Durchbruch bei den Verhandlungen für einen neuen Kollektivvertrag für die metalltechnische Industrie erzielt.
Erstmals kommt es zu einem Zweijahresabschluss für die für 135.000 Beschäftigten in der Metallindustrie. Rückwirkend mit 1. November steigen die Löhne und Gehälter im Durchschnitt aller Beschäftigungsgruppen in der metalltechnischen Industrie um 8,6 Prozent (ein Prozent unter der rollierenden Inflation), maximal um 400 Euro pro Monat. Vereinbart wurde eine soziale Staffelung, untere Einkommensbezieher bekommen um zehn Prozent mehr (bis knapp 4200 Euro brutto/Monat), danach schmilzt die Erhöhung ab. Bei knapp 8000 Euro sind es 5,5 Prozent brutto.
Die kollektivvertraglichen Mindestlöhne und Mindestgrundgehälter werden um 8,5 Prozent erhöht. Der neue Mindestlohn bzw. das Mindestgrundgehalt liegt nun bei 2426,23 Euro. Die Zulagen und Aufwandsentschädigungen steigen ebenso um 8,5 Prozent. Die Vereinbarung gilt für zwei Jahre, wobei im zweiten Jahr ein Prozent auf die rollierende Inflation aufgeschlagen wird.
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Einen „Schönheitsfehler“ hat die Vereinbarung jedoch: Der Abschluss ist ein vorläufiger, vorbehaltlich der konkreten Ausgestaltung einer neuen „Wettbewerbssicherungsklausel“, diese soll Anfang nächster Woche erfolgen. Dabei handelt es sich um eine Härtefallregelung für Betriebe, die wirtschaftlich in einer besonders schwierigen Lage sind. Der Einsatz der Regelung muss begründet und von den Gewerkschaften sowie vom Arbeitgeber-Verband FMTI bestätigt werden. Grundsätzlich kann dadurch die vereinbarte Ist-Erhöhung um maximal drei Prozent reduziert werden. Zwingend muss dabei ein Ausgleich mit den Arbeitnehmern vereinbart werden, etwa in Form einer Einmalzahlung oder durch mehr bezahlte Freizeit. Details dazu seien in den nächsten Tagen noch zu vereinbaren.
Reinhold Binder, Verhandlungsleiter der PRO-GE, sprach nach dem Feilschen vom härtesten Arbeitskampf seit 60 Jahren. Die Teuerung sei abgegolten und nicht nachhaltige Einmalzahlungen verhindert worden. Sein Kollege Karl Dürtscher (GPA) ergänzte, dass bei dem Abschluss Besserverdiener solidarisch mit den unteren Einkommensklassen seien. 2025 gebe es dann eine lineare Erhöhung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
„Regierung hat uns die Unterstützung versagt“
Christian Knill, der Chefverhandler aufseiten der Arbeitgeber, sieht „neue Maßstäbe gesetzt“: Der Spielraum bei den KV-Verhandlungen sei durch die Rezession und die außergewöhnlich hohe Inflation sehr eingeschränkt gewesen. Und Knill spart nicht Kritik an der Bundesregierung, diese habe „mit unvernünftig hohen Abschlüssen – im öffentlichen Dienst und bei den Pensionen – der im internationalen Wettbewerb stehenden Industrie die Unterstützung versagt“. Die Regierung sei nun aufgerufen, „rasch Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes umzusetzen. Wir erwarten uns konkret eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten und eine stärkere Inflationsbekämpfung, denn nur so ist dieser Abschluss für die Branche auf Sicht zu finanzieren.“
Die Industriellenvereinigung spricht in einer Reaktion von „zähen Verhandlungen“, es handle sich um einen „noch tragbaren und fairen KV-Abschluss in schwieriger Zeit“. Rhetorik und Maßnahmen der Arbeitnehmervertreter in den Verhandlungen wie auch auf den Straßen seien jedoch „teilweise unverständlich“ gewesen. Die Einigung über zwei Jahre gebe den Unternehmen ein Mindestmaß an Planungssicherheit.
Nach der Metallindustrie wurden Donnerstagabend weitere KV-Vereinbarungen abgeschlossen: Die KV-Löhne und -Gehälter im Bergbau und der Stahlindustrie: steigen durchschnittlich um 8,8 Prozent, in der Nicht-Eisen-Metallindustrie sind es 8,9 Prozent. Bis Freitag werden nun die Verhandlungen mit den anderen Arbeitgeberverbänden der Metallindustrie fortgeführt.