Wegen Untreue mit einer angeklagten Schadenshöhe von 19,5 Mio. Euro ist am Mittwoch am Landesgericht Klagenfurt ein 66-jähriger ehemaliger Hypo-Prokurist zu einer Zusatzstrafe von 23 Monaten Haft verurteilt worden. Dem Mann wurde vorgeworfen, Kredite trotz fehlender Sicherheiten und mangelnder Rückzahlungsfähigkeiten vergeben zu haben. Der Prozess gegen den ebenfalls angeklagten Kreditnehmer wurde vertagt.

Gegen den 66-jährigen Ex-Prokuristen war das bereits der dritte Untreueprozess im Zusammenhang mit der Hypo, bei dem er verurteilt wurde. 2019 war er – ebenfalls nach umfassenden Geständnissen – bereits in zwei Verfahren zu insgesamt 36 Monaten Haft, davon 12 Monate unbedingt, verurteilt worden.

Millionen flossen nach Kroatien

Am Mittwoch ging es um mehrere Kreditvergaben an den angeklagten Kreditnehmer, einen 71-jährigen Kroaten. Staatsanwalt Andreas Höbl warf dem Ex-Prokuristen vor, in den Jahren 2008 und 2009 „unvertretbare Kredite an bonitätslose Kreditnehmer unter unzureichender Planung der jeweiligen Projekte zur Verfügung gestellt“ zu haben. Der Kreditnehmer habe ihn dazu angestiftet. Die Gesamtschadenssumme wurde mit 19,5 Mio. Euro angegeben.

Der 66-jährige Ex-Mitarbeiter der Hypo legte ein umfassendes Geständnis ab. Er habe seine Befugnis missbraucht und „bonitätslose Kredite“ vergeben. Auch wenn der Verteidiger des Mannes auf eine „regelrechte Goldgräberstimmung“ verwies, die in den betreffenden Jahren bei der Hypo geherrscht hätte. Die Kreditvergaben seien „gepusht“ worden. Noch dazu sei der 66-jährige Angestellte gewesen, der nur auf Anweisung seiner Vorgesetzten gehandelt habe, er habe keinen persönlichen Vorteil durch die Kreditvergaben gehabt. Der 66-Jährige habe mit der Hypo Bank International einen Generalvergleich abgeschlossen und Schadensgutmachung geleistet. Nichtsdestotrotz: „Er hätte diese Kredite nicht bewilligen dürfen.“

Richter Oliver Kriz
Richter Oliver Kriz © Weichselbraun Helmuth

Richter Oliver Kriz, der dem Schöffensenat vorsaß, erklärte nach der Urteilsverkündung, wegen der langen Verfahrensdauer seien vier Monate Haft abgezogen worden. Mildernd zugute kamen dem 66-Jährigen das umfassende Geständnis, sein bisheriges Wohlverhalten und dass er sich mit der Heta geeinigt hatte. Erschwerend war aber die hohe Schadenssumme, jeder angeklagte Kreditfall hatte die Wertgrenze von 300.000 Euro überschritten. Damit sei sich eine teilbedingte Haft nicht mehr ausgegangen, begründete Kriz. Der Angeklagte nahm das Urteil an, Staatsanwalt Höbl gab keine Erklärung ab, das Urteil war damit nicht rechtskräftig.

„Fall Kircher“: Der vorletzte Schuldspruch

Im selben Themenkomplex war auch der ehemalige Hypo-Vorstand Josef Kircher angeklagt. Er war bereits im Sommer wegen eines 2,1 Mio. Euro schweren Kredits nicht rechtskräftig zu fünf Monaten Haft verurteilt worden. Die Strafe kam zu insgesamt 83 Monaten Haft hinzu, die Kircher bereits wegen sechs anderer Untreuedelikte im Zusammenhang mit der Hypo ausgefasst hatte. Im aktuellen Fall waren auch die Ex-Vorstände Wolfgang Kulterer und Günter Striedinger Beschuldigte – weil sie aber wegen anderer Fakten bereits die Höchststrafe bekommen hatten, wurden sie nicht mehr angeklagt.

Die Schuldfrage bei Kreditnehmern

Ganz anders als die Verantwortung des Ex-Prokuristen lautete jene des Kreditnehmers. Er bekannte sich zu allen Anklagepunkten nicht schuldig. Sein Verteidiger Norbert Wess replizierte mehr als eine Stunde lang auf den Anklagevortrag. Kerninhalte: Von den vielen Krediten seines Mandanten seien 42 von der Staatsanwaltschaft untersucht worden – in nur zwölf Fällen wurde Anklage erhoben. „Es geht mit Gesetzen der Logik nicht zusammen, dass mein Mandant drei Mal völlig korrekt gehandelt und dann bei jedem vierten Mal einen Tatplan gehabt haben soll“, so Wess.

Außerdem verwies er auf die lange Geschichte der Hypo-Prozesse in Klagenfurt. Zwar seien zahlreiche Kreditnehmer angeklagt worden, eine Verurteilung habe es aber nur in einem Fall gegeben, weil eine betrügerische Absicht des Kreditnehmers nachgewiesen worden sei. „Wenn eine Bank sagt: Wir vergeben einen Kredit ohne Sicherheiten – was hat sich dann der Kreditnehmer vorzuwerfen?“, fragte Wess. Die Kreditvergabe sei eine autonome Entscheidung der Bank. Und noch dazu, kritisierte Wess die Anklagebehörde, sei mit Begründungen, mit denen in manchen Fällen Ermittlungen gegen seinen Mandanten eingestellt worden, in anderen Fällen Anklage erhoben worden.

Das Verfahren gegen den Kreditnehmer wurde schließlich ausgeschieden. Es wird Mitte Dezember fortgesetzt und soll – vorerst stehen 16 weitere Verhandlungstage fest – bis kommenden April dauern.