„Veränderung ist das schönste Geschenk, das wir uns selbst machen können. Aber so richtig Bock drauf haben wir nicht.“ Kärnten Werbung, Land und Wirtschaftskammer hatten zu ihrem großen jährlichen Branchentreffen bewusst einen Neurowissenschaftler und Psychiater als Redner eingeladen. Und Volker Busch bemühte sich im vollbesetzen Casineum am Dienstag Nachmittag dann auch redlich, den Unternehmerinnen und Unternehmern die Angst vor Veränderung zu nehmen, die Negativitätsverzerrung aufzubrechen und Fokalismusfehler zu beheben. Letzters meint die Überschätzung von Einzelfällen - wie etwa im Falle der Touristiker die Wetterextreme.
Dass sie im Wandel ist, ist der Branche - man darf es so nennen - sonnenklar. Kärnten Werbung-Chef Klaus Ehrenbrandtner hat Qualität, Internationalisierung und Saisonverlängerung als DIE drei strategischen Schwerpunkte ausgegeben. Bei der Gästezufriedenheit hat Kärnten aktuell die (Schul-)note 1,6, der Bundesländerdurchschnitt ohne Wien beträgt 1,5. „Wir müssen diese Zufriedenheit und Weiterempfehlungsrate also unbedingt heben und zwar über den Österreichschnitt“, so Ehrenbrandtner.
77 Prozent der Kärnten-Urlauber kommen aus Österreich und Deutschland. Doch dieser Heimmarkt schrumpft, abgesehen davon ist Kärnten viel zu abhängig von ihm. Das Ziel: Auslandsmärkte in Zentral- und Osteuropa zurückgewinnen - hier nennt Ehrenbrandtner zunächst Großbritannien, die Slowakei und die Schweiz; im Alpen-Adria-Raum grenzüberschreitende Urlaubspakte schnüren, um „auch jenseits des Ozeans“ sichtbar zu werden und sich als Alternative zu Salzburg und Tirol aufgstellen. „Wir hatten Israel stark im Visier. Hier sehen wir Potenzial und es gibt Flüge nach Laibach. Aber das mussten wir nun natürlich von der Agenda nehmen. Jedenfalls sollten wir in den Arabischen Golfstaaten einen Fuß in die Tür bekommen“, so Ehrenbrandtner. Die Befürchtung, dass Kärnten „ein zweites Zell am See“ wird, kann er zerstreuen: „Dafür sind wir 30 Jahre zu spät“. Dass „wir zu früh zusperren“, ist auch den anderen Gastgebern des Tourismustages, Landesrat Sebastian Schuschnig und Spartenobmann Josef Petritsch, klar. „Der Tourismussommer muss in Kärnten von Ostern bis Ende Oktober dauern und zwar nicht nur in den Hotels. Der Gast tritt ja vor die Tür und soll sich willkommen fühlen“, so Petritsch.
Kann der Kärntner Tourismus das schaffen? Wenn man dem Neurologen Busch glaubt, dann ja: „Bei Gewohnheiten sind die Nervenzellen besser verklebt. Sie erhalten sich quasi selbst - wie Trampelpfade. Überwinden Sie den Impuls, auf den Trampelpfaden zu gehen, seien Sie nicht Sklave Ihrer Gewohnheiten. 90 Prozent darf sein wie immer, aber denken Sie zehn Prozent neu. Etwas Anarchie verträgt jedes System.“