Im Geschäft des Nahversorgers Fleischerei Edler in Köflach-Pichling war seit einiger Zeit ein Anhang angebracht, auf dem die Kunden über die endgültige Schließung des Geschäftes mit Ende Juli 2023 aufmerksam gemacht wurden. "Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschieden wir uns in den Ruhestand" konnte man da lesen.

Tränen in den Augen

Wir besuchten das Geschäft anlässlich der Schließung am Samstag. In diesen letzten Stunden des Nahversorgers gab es allerdings kaum lachende Augen zu sehen, wohl vielmehr tränennasse Augen. Sowohl bei den Mitarbeitern, als auch bei den Kunden. Chefin Christine Edler konnte wegen einer Erkrankung nicht im Geschäft mithelfen. So hatten ihre Schwester Gerlinde und deren Nichte Elisabeth alle Hände voll zu tun, um die zahlreichen Kunden zu bedienen. Vor dem Geschäft wurden den Kunden Imbisse und Erfrischungen aufgewartet, Verwandte halfen dabei.

Gerlinde Edler mit ihrer Nichte Elisabeth am letzten Öffnungstag des Nahversorgers Fleischerei Edler in Pichling bei Köflach
Gerlinde Edler mit ihrer Nichte Elisabeth am letzten Öffnungstag des Nahversorgers Fleischerei Edler in Pichling bei Köflach © Karl Mayer

"Ach, es ist beschissen", meinte zwischendurch Gerlinde Edler mit Tränen in den Augen. "Dieses immer wieder endgültige 'Auf Wiedersehen' sagen, zu Kunden, die man ein Leben lang bedient hat, es schmerzt. Und auch die Kunden weinen, viele von ihnen haben uns kleine Abschiedsgeschenke oder Blumen überreicht", erzählte sie mit erstickter Stimme. Ja, ein Leben lang, denn die Fleischrei Edler öffnete vor 75 Jahren ihre Pforten – genau am 28. August 1948, damals noch mit einer eigenen Schlachtbank. In den vergangenen 30 Jahren fungierte der Laden auch als viel frequentierter Nahversorger. "Christine und ich sind gesundheitlich nicht mehr in der Lage, im Geschäft zu arbeiten", schilderte sie weiter, "würde Nichte Elisabeth das Gewerbe übernehmen, müsste sie eine Reihe von Umbauten vornehmen, um die behördlichen Auflagen zu erfüllen."

"Alles, was man zum Leben braucht"

Kundin Michaela Lackner kaufte am letzten Tag eine größere Menge Grillfleisch auf Vorrat, "es hat eine spezielle und gute Qualität, meine Tochter und ich kauften sehr viel hier ein".

Katharina und Sascha Christandl kauften ebenfalls ein letztes Mal beim Edler ein, sie wohnen gleich gegenüber, so deckten sich die beiden vor allem für das Frühstück hier regelmäßig ein. "Man hat hier alles bekommen, was man zum Leben braucht", meinte Katharina, "es war so familiär". Und Gatte Sascha ergänzte: "Es ist sehr schade, aber ich habe für die Situation der Familie Edler Verständnis."

"Ich bin froh, dass ich schon alt bin und diese künftige Entwicklung im Lebensmittelhandel nicht mitmachen muss", meinte Engelbert Holzer, der gemeinsam mit seiner Gefährtin Roswitha Assmann ins Geschäft kam. "Ich kaufe hier seit 40 Jahren ein, war Stammkundin", bedauerte Frau Assmann. "Das Geschäft war eine Institution für uns in Pichling. Nun ist es mit dem 'Zu Fuß Einkaufen' vorbei, ich besorge mir noch Vorräte."

Letzte Ware für den Vinzimarkt

Zu Mittag hörte man ein letztes "Pfiat Gott" im Nahversorger Edler, "ein Großteil unserer Waren ist verkauft, den Rest übergeben wir dem Vinzimarkt in Voitsberg", schloss Gerlinde Edler mit Tränen in den Augen nach 74 Jahren und elf Monaten die Türe zur Fleischerei und Nahversorger Edler in Köflach-Pichling.