Das Glück der Erde ist auf dem Rücken der Pferde, Sprüche wie diese kennen Pferdeliebhaber natürlich zur Genüge. Offenbar ist aber etwas dran, denn obwohl wir uns mittlerweile weitaus schneller und komfortabler weiterbewegen als früher, sind Pferde wieder voll im Trend. Auch abseits der Lipizzaner spielen die mitunter recht imposanten Vierbeiner in der West- und Südweststeiermark eine immer größere Rolle. Wir machten uns auf die Spur des wiehernden Phänomens.

Freitagnachmittag am Hof des Pferdewirts Harald Neukam am Lobmingberg in Voitsberg. Zehn Haflinger und ein Noriker-Fohlen wurden zur Fohlenregistrierung angemeldet, ein Treffen der Pferdebesitzer, die darauf Wert legen, dass ihre Tiere eine klare Herkunftsbezeichnung erhalten. Neukam ist selbst Haflinger-Züchter und stolzer Besitzer von Wendelin, der bereits 39 Stuten gedeckt hat und zu den erfolgreichsten Zuchthengsten Österreichs zählt. Neben den weltweit berühmten Lipizzanern gilt vor allem der Haflinger als die Hauptrasse der Verbände Weststeiermark Mitte und des Süd-Weststeirischen Zuchtverbands – 188 bzw. 74 Haflingerzuchtstuten sind in dieser Region registriert – nirgendwo in der Steiermark gibt es mehr.

Aber unter Haflinger versteht man heute etwas anderes, als jene kräftigen Zugtiere, die man als Laie gemeinhin im Bild hat. „Ein Haflinger hat sich vom Gebirgspferd zum Freizeitpferd gewandelt. Mit einem Stockmaß – das ist die Höhe bis zum Widerrist – von 1,50 Metern, handelt es sich um schöne, elegante Tiere, die vor allem sehr pflegeleicht sind und deshalb auch als typische Familientiere gelten“, erklärt Neukam. Die Weststeiermark sei vor allem für die besonders schön gefärbten Rotfüchse bekannt.

Fohlen-Registrierung

Bei der Fohlenregistrierung am Hof von Neukam werden die Jungtiere zunächst optisch begutachtet und durch ein Brandzeichen registriert. „Tierschützer greifen uns deshalb oft an, aber es ist die schonendste und sicherste Methode, um eine weithin sichtbare Registrierung zu gewährleisten“, schildert Harald Reicher, Geschäftsführer des steirischen Pferdezuchtverbands. Er nimmt das Fohlenbrennen gemeinsam mit Lisa-Maria Brandner, der Zuchtbuchführerin des Verbands vor und stellt fest: „Das ist für die Tiere kaum spürbar, vergleichbar mit einem Insektenstich.“ Die zweite Methode, eine Registrierung mittels Chip, sei deshalb problematisch, weil dieser Chip unter der Haut am Hals des Pferdes im Lauf des Lebens wandert und eine Registrierung außerdem nur mit einem Lesegerät möglich ist.

Reicher ist stolz darauf, dass die Weststeiermark das Haflinger-Zuchtgebiet Nummer eins in ganz Österreich ist. „Während hier im Süden und Westen eher die Haflinger und Noriker beheimatet sind, bevorzugen die Züchter im Osten und Südosten eher die Warmblüter. 2023 wurden insgesamt 519 Fohlen in der Steiermark gebranntmarkt. Es war vor allem die Corona-Zeit, die einen riesigen Aufschwung für das Thema Pferd bedeutete. „Wir rechnen jetzt aber wegen der Kriege und der wirtschaftlichen Lage mit einem starken Marktrückgang.“

Dennoch setzt die Region vermehrt auf das Thema Pferd. Nicht nur wegen der Lipizzaner, auch der Kutschenbetrieb in Piber und Ligist floriert, in Deutschlandsberg werden Araberhengste, eine der ältesten Pferderassen der Welt, gezüchtet, und immer wieder finden Reitveranstaltungen statt, wie etwa kürzlich in Thal die Landesmeisterschaft „Jugend und Pferd“. Geht es nach Köflachs Bürgermeister Helmut Linhart müsste das Thema „Pferd“ ohnehin weitaus intensiver betrieben werden. „Es ist unser USP, da könnte man aber auch abseits von Piber noch viel mehr draus machen.“

Dass die Pferdewirtschaft im Süden und Westen der Steiermark aber stark im Kommen ist, kann auch Tobias Neukam bestätigen. Er hat den in der Region seltenen Beruf des Hufschmieds und bekommt die Nachfrage deshalb direkt zu spüren. „Ein Pferd muss alle sechs bis acht Wochen beschlagen werden. Und da fällt mir schon auf, dass es immer mehr Pferdehöfe gibt.“ Mit anderen Worten: Die Region galoppiert in eine wiehernde Zukunft.