Langsam nähert sich die Pinselspitze der weiß-rosafarbenen Apfelblüte. Mit einem leichten Stups wird der gelbe Blütenstempel betupft. Die Blüte wackelt, der Pinsel wandert in ein Marmeladenglas. Darin findet sich jedoch keine süße Erdbeermarmelade, sondern gelber Blütenstaub. "Das sind Pollen", klärt Emma auf. Die 9-Jährige besucht die Volksschule Passail, wo vor dem großen Apfelbaum neben der Schule zu einer sogenannten "Bestäuberparty" (Anm. wird vom Veranstalter, dem Naturpark Almenland, wirklich als solche bezeichnet) geladen wird.

Bedeutet: Die 18 Kinder der 3 B-Klasse werden für einen Tag zu Bienen und Hummeln. Mit Pinseln und Pollen, die sie im Vorfeld von Apfelblüten gesammelt haben, bestäuben sie die offenen Blüten am Baum. Über den Kinderköpfen schwirren die echten Insekten.

Bienen haben ihre Hosen an

"Schaut einmal, was die Biene da auf ihren Beinen hat", sagt Maria Hirschböck, sie ist Naturvermittlerin aus dem Naturpark Almenland. "Das sind Pollen und die nennt man Hosen." Durch die Pollen, die von Blüte zu Blüte getragen werden, werden die Apfelblüten bestäubt. "Das ist wichtig, damit ein Apfel entsteht", erklärt Hirschböck. 35 bis 37 Mal muss eine Blüte von einem Insekt besucht werden, damit sich eine Frucht bildet.

Um den Kindern zu vermitteln, wie viel Arbeit das ist und welch wichtige Rolle die Insekten dabei spielen, dürfen sie sich heute selbst probieren - aber nur an zwei bestimmten Ästen. Denn die wurden im April, bevor sich die Blüten geöffnet haben, mit einem Netz geschützt. "Damit keine Bienen rankommen", sagt Emma.

Während die einen Blüten am Baum bestäuben, sammeln die anderen Insekten
Während die einen Blüten am Baum bestäuben, sammeln die anderen Insekten © Veronika Teubl-Lafer

Wichtige Daten zur Erforschung des Klimawandels

Während eine Gruppe mit der Bestäubung der Blüten beschäftigt ist, machen sich die anderen Kinder mit Becherlupen auf die Suche nach Insekten. "Ich hab eine Biene mit Hose", ruft Pascal und rennt mit seinem Fund zur Klassenlehrerin. In ein Formular trägt sie die Namen der gefundenen Insekten ein. Mit einer Ameise in der Becherlupe kommen Katharina und Mia angelaufen. Auch Schwebefliegen, Marienkäfer und Heuschrecken werden entdeckt.

Mit Block und Stift geht es weiter zur gepflanzten Sträucherhecke. Neben Datum, Temperatur und Wetterverhältnisse wird notiert, wie die Vegetation der Hecke voranschreitet. "Die Daten werden dann an die Geosphäre Austria weitergeleitet, die sie zur Erforschung des Klimas heranzieht", erklärt Klassenlehrerin Christine Steinbauer-Zottler.

Mit Pinsel und Pollen geht es ans Bestäuben der Blüten
Mit Pinsel und Pollen geht es ans Bestäuben der Blüten © Veronika Teubl-Lafer

Wer war erfolgreicher - Kinder oder Bienen?

Der Blühbeginn des Apfelbaumes wird ebenfalls dokumentiert, heuer ist das der 10. Mai. "Aufgrund des kalten Wetters ist Passail, ebenso wie St. Kathrein am Offenegg, sehr spät dran. Im Naturpark Almenland beteiligen sich drei Naturparkschulen am Bestäubungsprojekt und der Heckendokumentation, neben der Volksschule Passail sind das auch die VS St. Kathrein am Offenegg und Breitenau. "Durch die Daten können Rückschlüsse auf den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Natur und Vegetation gezogen werden", sagt die Naturvermittlerin.

Klassenlehrerin Christine Steinbauer-Zottler notiert welche Insekten von den Kindern gefunden wurden
Klassenlehrerin Christine Steinbauer-Zottler notiert welche Insekten von den Kindern gefunden wurden © Veronika Teubl-Lafer

"Wir sind fertig", rufen die Kinder. Jetzt wird der Ast wieder mit dem Netz zugedeckt. So wird garantiert, dass keine weitere Bestäubung durch die Insekten stattfindet. Wer erfolgreicher war - die Bienen oder die Kinder - wird am Ende des Schuljahres kontrolliert. Im letzten Jahr zählten die Kinder 33 Äpfel an den beiden Testästen - ein Bruchteil von dem, was die Insekten an den übrigen Ästen geschafft hatten.

Und wie viele Äpfel werden es heuer sein? "Fünf", sagt Katharina. "Zehn", schätzt Mia. Fest steht: durch die Bienen werden es viele, viele mehr sein...