Der Kassenzahnärztemangel spitzt sich zu. Die Pensionswelle der Babyboomer trifft auf geringes Interesse junger Ärzte, Kassenstellen zu besetzen. Kassenstellen im ländlichen Bereich bleiben häufig unbesetzt. So auch in Birkfeld. Mit 66 Jahren geht dort Zahnärztin Ulrike Putz-Scholz in Pension. Seit 1984 hat sie am Hauptplatz Birkfeld gemeinsam mit ihrem Mann Heimo ihre Zahnarztpraxis betrieben. Eine Nachfolge fehlt.

"Seit fünf Jahren suchen wir. Bis heute haben wir niemanden gefunden", erzählt die Ärztin. Vor zwei Jahren erfolgte der Wechsel vom Kassenzahnarzt zum Wahlarzt. "Zum einen wegen der gewaltigen Patientenflut, zum anderen hatten wir vor, die Kassenstelle auszuschreiben", sagt die Zahnärztin. Die Suche blieb vorerst vergeblich.

Plötzlich tauchte eine mögliche Lösung auf: Die ukrainische Zahnärztin Maryna Shvets, die im März nach Graz geflüchtet war, hat sich entschlossen, in Österreich zu bleiben und wäre bereit gewesen, die Ordination zu übernehmen. Um ihren Beruf auszuüben, braucht sie allerdings eine Nostrifizierung, also die Anerkennung ihres ukrainischen Studienabschlusses für die Zulassung in Österreich.

"Sind verpflichtet Gleichwertigkeit zu prüfen"

Auf Anfrage der Birkfelder Zahnärztin hieß es, das Land sei dafür zuständig. "Diese Berufsberechtigung dient allerdings nur zur zahnärztlichen Assistentin", sagt Heimo Putz. Die eigentliche Nostrifizierung laufe über die Universität und dauert zwei bis drei Jahre.

"Der Zeitrahmen ist sehr individuell und hängt von diversen Faktoren ab", betont Erwin Petek, Dekan für studienrechtliche Angelegenheiten der Med Uni Graz. "Als Universität sind wir verpflichtet, die Gleichwertigkeit zu prüfen, damit eine adäquate Versorgung gewährleistet wird", sagt Petek. Dafür muss ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, Zeugnisse an der Heimatuniversität angefordert und Curricula verglichen werden. Teilweise seien mündliche und praktische Prüfung zu absolvieren. Für diese sind Deutschkenntnisse mindestens auf dem Niveau von B2 erforderlich. Diese Deutschkurse werden von Shvets gerade absolviert.

Umliegende Zahnärzte sind ausgelastet

"Es ist für uns schlimm, die Ordination zu schließen und den Patienten keine Alternative nennen zu können", sagt Ulrike Putz-Scholz. Zwar gibt es in Birkfeld mit Klaus Mateju einen weiteren Zahnarzt, allerdings ist auch er, wie auch die umliegenden Praxen ausgelastet. "Bei Schmerzen wird niemand weggeschickt, allerdings hat der Tag nur 24 Stunden", sagt Mateju.

Wenig bis keine Kapazitäten hat Friederike Brenner-Tödling in Strallegg. "Wir fokussieren uns derzeit auf unsere eigenen Patienten", sagt sie. Für Kontrolltermine müsste mit bis zu drei Monaten Wartezeit gerechnet werden. In Anger kommt (nach zweijähriger Suche) mit Michaela Krieber zwar eine neue Kassenzahnärztin, allerdings erst am März 2023. Und aus der Ordination von Elisabeth Haraga-Haas in Ratten heißt es: "Wir nehmen zwar noch Patienten, das ist aber auch nur eine vorübergehende Lösung." Mit März 2024 geht sie nämlich in Pension, auch hier wird eine Nachfolge gesucht.

"Wir verstehen nicht, warum es in so einer Notsituation nicht möglich ist, sich zusammenzusetzen und lösungsorientiert zu arbeiten", übt Heimo Putz Kritik. Er fühlt sich von der Bundespolitik im Stich gelassen. Ab 1. Jänner fallen zwar die Einschränkungen beim Jobsharing, bedeutet: Kassenzahnärzte können in ihrer Ordination weitere Zahnärzte anstellen. "Das ist zwar wichtig, kommt für unsere Ordination allerdings Jahre zu spät", so Putz-Scholz.