Der Wind pfeift um die Ohren, hin und wieder fallen vereinzelte Tropfen vom wolkenverhangenen Himmel. Das perfekte Wetter für eine Rehkitz-Suche auf einer Wiese in Haufenreith bei Passail. Je kühler die Temperatur, desto einfacher ist es, mittels Wärmebildkamera die kleinen Rehe aufzuspüren, erklärt Egon Wolf. "Ich bin selbst Jäger und in meiner Pension hab' ich angefangen, mich für Drohnen zu interessieren." Dank ihnen ist es viel einfacher, die Kitze zu finden und sie vor dem "Mähtod" zu bewahren. Bevor ein Bauer mit den Mäharbeiten beginnt, werden die Wiesen abgesucht. Erst nachdem grünes Licht gegeben wurde, startet der Landwirt mit seiner Arbeit.

47 Rehkitze hat Wolf in dieser Saison schon aufgespürt und damit gerettet. Vergangenes Jahr hat er damit begonnen, seine Drohne für den guten Zweck steigen zu lassen. Um dies zu dürfen, bedarf es einer Registrierung bei der Austro Control. "Auch eine entsprechende Versicherung muss man abschließen und einen Drohnenführerschein braucht man", erzählt Wolf. In 50 bis 70 Metern Höhe lässt er die Drohne über der Wiese kreisen. Etwa vier Meter pro Sekunde legt sie zurück. Sie ist ausgestattet mit einer Echtbild- und einer Wärmebildkamera. "Wenn da ein Rehkitz ist, sieht man es als weißen Punkt", erklärt Wolf und deutet auf den Bildschirm.

Tatsächlich dauert es nicht lange und das erste Kitz leuchtet am Radar auf. Fünf Jägerkollegen machen sich sogleich auf die Suche, angeleitet von Wolfs Drohne. "Früher haben wir ohne Drohne suchen müssen", erzählt Hubert Reisinger. "Das hat viel länger gedauert. Wir haben die ganze Wiese eng beieinander abgehen müssen." Trotzdem seien immer wieder Kitze übersehen worden. Kein Wunder bei dem hohen Gras.

Aus diesem lugen nun kleine Knopfaugen hervor. Ein paar Tage alt dürfte das erste Rehkitz sein. "Die Mutter beobachtet uns vielleicht in diesem Moment vom Wald aus", sagt Christoph Stanzer. Zwei bis drei Kitze bekommt eine Geiß im Durchschnitt. "Die Kitze werden von der Mutter in den ersten Wochen allein gelassen, weil sie keinen Geruch haben und deswegen von Raubtieren nicht gewittert werden können", erklärt Stanzer. Daher sei das hohe Gras der sicherste Platz. "Ein Fuchs oder ein Dachs müsste schon darüber stolpern." Die Geiß kommt nur zu ihrem Kitz, um es zu säugen, danach lässt sie es wieder liegen, so Stanzer, der die Stelle mit einem Haselstab markiert.

Es dauert nicht lange und die Drohne hat zwei weitere Kitze aufgespürt. Auch hier werden Markierungen hinterlassen. Nach einem vierten suchen die Jäger vergeblich. Offenbar ist es vor Kurzem weggelaufen; davon ist eine Grasmulde Zeuge, in der es wohl vor Kurzem gelegen ist. "Die Wärmebildkamera zeigt es noch an, weil die Stelle noch warm ist", erklärt Wolf.

Nach Mäharbeiten wieder ab in die Freiheit

Wenn die Suche beendet ist, werden die Kitze behutsam in Schachteln gehoben. Stanzer trägt Handschuhe und reißt allerhand Gräser aus, damit sein Geruch nicht an dem Kitz haften bleibt. "Die Schachteln werden mit einem Stein beschwert. Wenn die Mäharbeiten abgeschlossen sind, werden die Kitze befreit." Zuvor werden sie jedoch noch mit einer Ohrmarke markiert", sagt Alfred Fetz. Dank dieser wissen die Jäger in Zukunft gleich das Alter und können die Wege der Rehe nachvollziehen.

Duckreflex

Etwa drei Wochen lang haben die kleinen Kitze den Duckreflex, sagt Wolf. Das bedeutet, sie drücken sich zu Boden, wenn sich jemand annähert. Wolf wird noch bis Ende Juni unterwegs sein, um Kitze zu retten, "dann ist die Saison vorbei." Gestartet hat er Mitte Mai. "Ich war fast jeden Tag unterwegs, hauptsächlich im Bezirk Weiz.. Schon um dreiviertel fünf in der Früh beginnt er damit, die Kitze aufzuspüren.

Keine gesetzliche Regelung in Österreich

"In Deutschland sind die Bauern verpflichtet, vor den Mäharbeiten nach den Kitzen zu suchen", sagt Stanzer. In Österreich gibt es so eine Regel nicht. "99 Prozent der Bauern verständigen uns aber", sagt Hubert Reisinger. "Wir haben einen guten Zusammenhalt, am Ende der Saison gibt es für alle Helfer eine 'Kitz-Sucher-Jause'".