Ein Espresso, dann eine Stunde Steh- und Sitzübungen, Rück- und Vorbeugen und Drehungen: So startet die 86-jährige Erika Swoboda in den Tag. Mit Yoga begann die gebürtige Wienerin vor 58 Jahren. Von Trendsport konnte damals noch keine Rede sein: "Zu der Zeit hat das noch kein Mensch gekannt", erinnert sie sich.

28 war sie, als sie ihre erste Yogastunde bei Wilhelmine Keyserling in Wien absolvierte. Von den Übungen war sie von Beginn an angetan. "Das war sofort meins. Yoga weckt den Körper und zugleich entspannt es. Jede Übung wird mit dem Atem gesteuert. Es ist ein ständiger Wechsel zwischen Spannung und Entspannung", erklärt sie ihre Faszination.

Neues probiert Swoboda generell gern. 1974 zog sie mit ihrem Mann, einem Schauspieler, von Wien nach Arnfels auf den Sternhof. Das Leben in der Stadt wurde ihr zu eng. Sie wollte raus in die Natur. In Wien lebte sie in mehreren Kommunen und WGs. Das gemeinschaftliche Leben und Arbeiten gefiel ihr. Auch in Arnfels war ihr Haus offen für die alternative Aussteigerszene.

Mit Yoga war aber vorerst Schluss. Der Grund: ein freudiger. Kurz nach dem Umzug in die Steiermark kam ihre Tochter Anna Maria auf die Welt. Mit einem Kleinkind war für Yoga keine Zeit, erinnert sich Swoboda. Vergessen habe sie in diesen Jahren jedoch nichts: "Yoga ist wie Rad fahren. Das verlernt man nicht", erzählt sie.

Die richtige Technik

Die Technik sei bei Yoga aber ein Knackpunkt. Diese will erst gelernt sein. Sich Yoga mithilfe von Büchern oder Videos aneignen? Davon rät Swoboda ab. Gerade am Anfang sei es wichtig, einen guten Yogalehrer zu haben. Dieser sagt die Übungen an, zeigt vor und lenkt den Körper in die richtige Richtung. Gerade für Anfänger sei das wichtig: "Man braucht unbedingt eine Anleitung, sonst kann man sich verletzen oder Rückenschmerzen bekommen", erklärt Swoboda.

Eine Erfahrung, die sie auch selbst gemacht hat. Nachdem sie in Arnfels lange Zeit alleine Yoga praktiziert hat, meldete sie sich zu einem Yogakurs in Graz an. "Da habe ich festgestellt, dass ich selber viele Fehler gemacht habe", erzählt sie. Mittlerweile hat sie diese wieder bereinigt. Zum Yoga in Graz fährt sie aber noch immer einmal in der Woche: "Das ist jeden Mittwoch mein Ritual. So bleibe ich am Ball und lerne neue Übungen kennen."

Auch anderen rät sie zum Sport, denn Yoga kenne kein Alter. "Yoga ist prädestiniert für alte Leute. Es muss ja kein Kopfstand sein, wie ich ihn mache. Man kann auch ganz einfache Übungen machen", sagt Swoboda. Sie selbst praktiziert ihre Übungen immer in der Früh. Das sei zu dieser Tageszeit immer am schwierigsten, doch aus zeitlichen Gründen sei es anders nicht möglich.

Eigene Naturkosmetiklinie

Die 86-Jährige ist viel beschäftigt. Seit 40 Jahren stellt sie auch Naturkosmetik her, die sie über einen Onlineshop österreichweit verkauft. Die Kräuter für die selbst hergestellten Seifen, Cremen und Haarpflegeprodukte sammelt sie in der Region. Mit einem Spezialverfahren stellt sie Öle und Tinkturen her, die sie dann für ihre Produkte verwendet. Dabei soll es auch in Zukunft bleiben: "Die Arbeit mache ich gut und gern. Ich kann nicht nur spazieren, lesen und Yoga machen, ich muss auch etwas tun, sonst wird mir langweilig."