Eine Biene krabbelt über dunkelgelbe Pollen, bevor sie durch die rosafarbenen Blätter aus der Blüte hinauskriecht und zum nächsten Rosenstock weiterfliegt. Und sie ist nicht die einzige: Der Bio-Rosenhof Ertl in Deutschlandsberg ist ein Paradies für Wildbienen und Hummeln, die summend Nektar sammeln. 300 Bulgarische Damaszener-Rosenstöcke stehen hier momentan in voller Blüte.
Karin Moser, die Inhaberin der kleinen Bio-Landwirtschaft, steckt augenblicklich mitten im Stress der Erntezeit. Von Mitte Mai bis Mitte Juni steht sie - gemeinsam mit Freunden oder Familienmitgliedern - jeden Tag am Feld. Das ist notwendig, denn die Rosenblätter verlieren stark an Qualität, wenn sie nicht schnell geerntet werden. "Ich beginne täglich um 8 Uhr und pflücke dann etwa drei Stunden lang", erzählt Moser.
Breitgefächertes Sortiment
Ihre Mutter Anneliese und ihre Schwester Anne helfen Moser heute tatkräftig, indem sie die Blätter und die Blütenköpfe voneinander trennen. Die Blütenköpfe landen in einer Scheibtruhe, die Blätter geben die beiden in einen Weidekorb, den Moser auch gleich mitnimmt und zu einem Trockenschrank trägt. Dort schüttet sie die Rosenblätter auf engmaschige Netze, die in einen Holzrahmen eingespannt sind. Ein Teil der frischen Blätter wird aber auch ungetrocknet weiterverarbeitet: "Diese verarbeite ich direkt zu Sirup, Marmelade oder Gelee."
Aus den getrockneten Anteilen stellt Moser am Hof indessen destilliertes Rosenwasser, Rosensalz und Rosenzucker her, außerdem verkauft sie die Blätter. Ein besonderes Schmankerl sind auch die Mandeln in Rosenzucker. "Ich habe auch Rosenblütenessig im Sortiment. Dieser wird zwar aus meinen Rosen hergestellt, jedoch nicht am Hof", erklärt die Mutter zweier Töchter.
Kindergartenkinder helfen bei der Ernte
Die jüngere Tochter Anna besucht derzeit noch den Kindergarten Wildbach. Einmal jährlich kommt die Kindergartengruppe am Bio-Rosenhof Ertl vorbei und hilft bei der Blütenernte. "Ich freue mich und die Kinder haben Spaß daran", lächelt Moser während sie sich einen leeren Weidenkorb schnappt und wieder zu ihrem Rosenfeld zurückkehrt. Die Steirerin betreibt die kleine Landwirtschaft aus Leidenschaft. Die selbstgemachten Produkte verkauft sie im Hofladen, dem Lagerhaus Deutschlandsberg, im "Mei Kasterl" in Graz und im bell'ambiente in Köflach sowie im Online-Shop kleinbauernmarkt.at
Die Damaszener-Rosen blühen einmal im Jahr. Im Frühling und im Herbst müssen die Stöcke zurückgeschnitten werden. "Die 'natürlichen Feinde' meiner Rosen sind Wühlmäuse und Rehe. Gerade Wild wird wohl vom einzigartigen Duft angezogen", meint Moser. Denn für ihren charakteristischen Geruch sind die Bulgarischen Damaszener-Rosen bekannt. Des Weiteren dürfen sie für die Lebensmittelerzeugung verwendet werden. "Die Ernte am Vormittag ist besonders wichtig, da sich im Laufe des Tages Ölstoffe bilden, die die Qualität der Rosen für die Weiterverarbeitung mindern", erklärt Moser, während sie eine Blüte vom Rosenstock abzupft und in einen geflochtenen Weidenkorb wirft.
Verein SteirerRose
Derzeit gibt es in der Steiermark zwölf Rosenanbauer in der Süd-, Ost- und Weststeiermark, die Mitglied im Verein SteirerRose sind. "Jeder von ihnen arbeitet biozertifiziert und stellt so hochqualitative Produkte her", freut sich Erika Swoboda, Obfrau des Vereins. Bereits 2007 kam ihr die Idee, dass das steirische Landschaftsbild neben Wein, Kürbis und Äpfeln auch Rosen vertragen könnte. So begann sie sich über den Anbau und die Verwendung dieser Blumen zu informieren und gründete 2011 schließlich "SteirerRose." Inzwischen werden knapp 7000 Bulgarische Damaszener-Rosenstöcke von Mitgliedern des Vereins bewirtschaftet.
Für Besucher gibt es übrigens ein besonderes Schmankerl: Sie können die Rosenanbauer nach Absprache am Rosenfeld besuchen oder bei der Ernte mithelfen.
Lena Ortner