Sie sind ein Bauernbursch, haben sich aber mit der Schokoladeproduktion einen internationalen Namen gemacht. Warum musste – in Zeiten des Veggie-Booms – eine Fleischproduktion her?
JOSEF ZOTTER: Die Landwirtschaft ist im Laufe der Jahrzehnte immer trauriger geworden: Früher waren die Bauern noch vital, heute sind viele von ihnen depressiv. Diese Depression schlägt sich auf die Produkte nieder. Wenn ein Bauer mal sagt, er produziere Schweinehälften, dann wird’s arg. Durch diese Entrückung von beiden Seiten gibt’s keine Emotion mehr. Das Fleisch im Supermarkt hat keinen Kopf, kein Blut, keine Seele; die Leute kaufen das, essen und werfen das übrig gebliebene weg. Weil es nichts kostet, keine Emotionen hat, eh wurscht ist. Mit meinem Tiergarten möchte ich dem Fleisch wieder eine Seele geben. 

In Ihrer Schokolade "Vampirikum" stecken ein paar Tropfen Blut von Tieren dieses Gartens. Für viele war das ein Riesenschocker, während Massentierhaltung einfach akzeptiert wird. Was wollen Sie damit erreichen?
Die Emotionen dahinter haben mich gereizt. Provokation war immer ein Teil meiner Arbeit. Am Anfang haben uns Leute deshalb boykottiert. Lehrer sagten: 'Wir können nicht mehr kommen. Wie sollen wir den Kindern erklären, dass die lieben Viecher gegessen werden.' Ich fragte, wie sie es bisher erklärt hätten. Da sagten sie: 'Wir haben nicht darüber geredet.' Aber das ist ja die größte Lüge! 

Schon einmal gedacht, ein Vegetarier zu werden?
Sehr oft. Der Essbare Tiergarten war mein Weg zu weniger Fleischkonsum. Fleisch kommt mir maximal zweimal in der Woche auf den Teller und ausschließlich daheim. Auswärts bin ich Vegetarier, weil ich das viele Tierleid einfach nicht vertreten kann. Nur manchmal, wenn ich wo eingeladen bin, würge ich halt Fleisch hinunter. 

"Der Zotter spinnt, der ist ja größenwahnsinnig", hört man immer noch sehr oft. Wie gehen sie damit um?
Das Problem in unserer Gesellschaft ist, dass wir immer Schuldige suchen. Ein wesentlicher Faktor dahinter ist der Neid, vor allem bei den Bauern untereinander. 'Braucht der Nachbar einen größeren Traktor, brauch ich auch einen.' Meine Vision war es immer, etwas Neues zu machen. Das Leben ist eine Markthalle und die Politik müsste den Bäuerinnen und Bauern mehr Mut machen, neue Wege zu gehen. Weniger Gesetze, die Angst machen. 

Könnten Sie sich vorstellen, das Amt des Landwirtschaftsministers in Österreich zu übernehmen?
Nein! Ich bin absolut nicht konsensfähig. Ich habe in jungen Jahren ein Versprechen abgeben. Egal wo, aber wenn Zotter draufsteht, muss Zotter drinnen sein. Ohne Kompromiss und ohne Diskussionen. Trägt meine Arbeit nicht zu einhundert Prozent meine DNA, bin ich bald am Ende. Ein Ministerposten würde mich ins Burnout treiben. Da habe ich ganz andere Pläne ...

Und die wären? 
Ich möchte unter die "Winzer" gehen. Die 1,2 Hektar große Anlage wurde bereits gegenüber unserer Manufaktur gepflanzt. Entstehen soll ein "Utopia-Natursekt", ein Gegenstück zur Monokultur im Weinbau, also etwas Revolutionäres.

Hier entsteht der neue Weingarten von Josef Zotter
Hier entsteht der neue Weingarten von Josef Zotter © Ewald Wurzinger

Zu Ostern stehen Selchfleisch und Schinken wieder im Mittelpunkt. Eine Ernährungsstudie der Plattform "Veganz" besagt, dass jeder Fünfte bereits an eine vegane Ernährung denkt. Was halten Sie davon?
Ein veganer Osterschinken alleine kann keine Lösung sein. Es geht um die Mischung. Neulich auf einer deutschen Gastrofachmesse 'Internorga' wurde bereits über das 'Aus' von reinen veganen Ersatzprodukten am Teller präsentiert. Es kommt das neue '50:50-Vegan', eine Mischung aus Fleisch und Fleischersatz. 

Die wichtigste Frage zu Ostern. Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?
Nein. Ich gehe gerne in die Kirche, aber dann, wenn sie leer ist. Mein Leben nach meinem Tod sind meine Kinder. Sie tragen auch mein Lebenswerk weiter.