Beim Betreten des Gastraumes wird einem recht schnell klar, dass es sich beim Locknbauer in Tieschen nicht um einen gewöhnlichen Weinhof handelt. Laute Rock-Musik dröhnt aus den Lautsprechern. Die großräumige Architektur erinnert ein wenig an eine Kirche.

Im Weinkeller, zwei Räume weiter, geht es trotz laufender Karwoche allerdings alles andere als heilig zu. Vor den silbern schimmernden Edelstahlbehältern ist ein kleines Planschbecken aufgebaut. Fünf junge Erwachsene in Achtzigerjahre-Outfits lassen darin gerade Konfetti fliegen und Sektkorken knallen.

Schon bringt Winzer Lukas Jahn die nächste hauseigene Flasche mit dem treffenden Namen „Verlockung“. „Wir machen heute ein Mood-Shooting“, erklärt der 29-Jährige. Und welche „mood“ – sprich Stimmung – soll eingefangen werden? „Ausgelassenheit.“ Und Mut, neue Dinge zu versuchen. Dafür wollen Jahn und Geschäftspartnerin Anna Majcan mit ihrem Konzept „Zu Tisch beim Locknbauer“ stehen.

Steirische Tapas statt Brettljausn

Im Vorjahr hatte das Lokal bereits drei Monate geöffnet. Ein Probelauf für die jungen Gastronomen. Die Resonanz war durchwegs positiv. Was den beiden wichtig ist: Sag' niemals Buschenschank zu ihnen. „Das sind wir nur am Papier, aber das wäre einfach nicht authentisch und würde falsche Erwartungen erwecken“, sagt Jahn energisch. Und tatsächlich: Wenn der Locknbauer ab 28. April wieder zu Tisch bittet, sucht man riesige Brettljausn mit Selchwürstel und Karreespeck auf der Speisekarte vergeblich.

Stattdessen warten „steirische Tapas“ auf die Gäste. Etwa Kernölhummus mit Za’atar, Zwiebelmarmelade oder Schafskäse mit Kürbiskernpesto. Man will die südländische Essenskultur in die Südoststeiermark holen.

Die Speisekarte beim Locknbauer ist großteils vegetarisch, saisonal und regional
Die Speisekarte beim Locknbauer ist großteils vegetarisch, saisonal und regional © Jakob Illek

Regional und saisonal

Das einzige fleischhaltige Gericht ist Roastbeef mit Kürbiskern Aioli. Das Rindfleisch kommt von einem benachbarten Betrieb. „Die Lieferkette ist so kurz. Das hätten wir eigentlich auch herübertragen können“, wirft Anna Majcan lachend ein. Die 23-jährige Radkersburgerin ist das Mastermind hinter der Kulinarik. Die Rezepte stammen aus ihrer Feder. Regionalität und Saisonalität stehen im Vordergrund.

Aber das ist dem Locknbauer-Duo noch nicht genug. Jahn und Majcan schwimmen bewusst gegen den Strom. Es geht ihnen um einen Strukturwandel. Dieser sei längst im Gange, ob das manche wollen oder nicht. Lukas Jahn lässt den Blick über den frisch angesäten Rasen schweifen. Im Sommer werden Gäste hier auf der Terrasse den Sonnenuntergang hinter den Tieschener Weinbergen genießen können.

Ohne die Eröffnung beworben zu haben, war der Locknbauer im Vorjahr gut besucht
Ohne die Eröffnung beworben zu haben, war der Locknbauer im Vorjahr gut besucht © Privat

Weinbauer auf Umwegen

Dann ertönt „Video killed the Radiostar“ aus den Lautsprechern. „Oh-a oh-a, you were the first one…“ Lukas Jahn ist der erste Weinbauer in seiner Familie. Vor fünf Jahren besaß er noch keinen einzigen Weinstock. Den Traum vom eigenen Weinhof hatte er aber schon als junger Bursche. Zunächst ein Umweg mit BWL-Studium in Wien. „Die schlimmste Zeit meines Lebens.“ Dann die Rückkehr in die Heimat, um sich den Traum zu erfüllen. Nach den abgeschlossenen Bauarbeiten kann er sich endlich auf seine Berufung – den Weinbau – konzentrieren.

Auch beim Wein will der Quereinsteiger Dinge anders machen. „Es ist auf keinen Fall das Ziel, Jahr für Jahr den gleichen Stil in den Wein zu prügeln.“ Das Revoluzzer-Gen hat er von seiner Großmutter. In der Nachkriegszeit habe sie als Frau einen der größten Obstbaubetriebe der Region aufgebaut. Wider die Erwartungen der Gesellschaft.

Das kennt auch Jahn: „Alle haben zu mir gesagt: Wie willst du ohne Grund und Boden Weinbauer werden? Das klappt nie. Aber wenn man wirklich will, gibt es auch einen Weg“, ist Jahn überzeugt. Gewöhnlich ist am Locknbauer wenig. Alternative Wege einzuschlagen, ist für Jahn und Majcan normal. „Anders wär’s auch fad“, sagt der Tieschener mit einem verschmitzten Lächeln.