Herr Decker, wie sind Sie zu der Idee für diese enorm lange Tour gekommen?
ALOIS DECKER: Ich habe das ja etappenweise gemacht. Als ich meinen ersten Weitwanderweg von Eibiswald bis an die Adria gegangen bin, habe ich nicht geahnt, dass das einmal die erste Teilstrecke eines späteren langen Weges sein würde. Es war nicht geplant. Als ich dann Kroatien geschafft hatte, habe ich mir gedacht: Jetzt könnte ich Griechenland auch noch machen. Und danach ist dann der Gedanke gekommen, das durch ganz Europa zu machen.
Wie haben Sie sich vorbereitet?
Gehmäßig war es kein Problem. Ich habe die jeweilige Route zu Hause vorgeplant, mir die entsprechenden Seiten ausgedruckt und nach denen bin ich dann gegangen – immer auf Straßen, außer in Österreich und Slowenien. Da habe ich ausgeschilderte Weitwanderwege benutzt.
Wie viele Kilometer haben Sie täglich zurückgelegt?
Im Durchschnitt 30 Kilometer. Ganz oben im Norden nach Alta habe ich zweimal hintereinander 40 Kilometer gemacht. Da habe ich bei den Sami übernachtet.
Wie schwer war Ihr Gepäck?
Zehn bis elf Kilo. Man braucht nicht mehr. Die Leute schleppen viel zu viel mit. Ich bin mit leichten Laufschuhen gegangen und habe ein Paar starke Ersatzschuhe mitgehabt. Kein Zelt, keinen Schlafsack, keine Lebensmittel.
Gab es besondere Erlebnisse?
Ja, einige – die habe ich in meinem Buch unter Randnotizen beschrieben. Auf einer Schotterstraße hinunter nach Übelbach habe in stockdunkler Nacht plötzlich einen schweren Schlag gegen meine Hüfte verspürt. Mein erster Gedanke war: Ich werde überfallen. Dabei bin ich gegen einen Schranken gelaufen. In Olympia habe ich in einem Hotel geschlafen. Da wollte mich mitten in der Nacht jemand aus dem Bett rütteln. Dann hat auch der Fernseher begonnen, sich zu bewegen. Da habe ich gewusst: Da ist niemand im Zimmer – das ist ein Erdbeben. Für die Kellnerin war das beim Frühstück mit einer Geste abgetan – als wäre das das Selbstverständlichste und passiere jede Nacht.
Was waren Ihre ärgsten Quartiere?
Eine Hütte mit Mäusen und eine leere, windschiefe, aufgelassene Saunahütte am Strand.
Sie sind sehr rüstig. Lassen sich solche Strecken nur so schaffen?
Ich bin mit dem Gehwerkzeug gut beieinander – auch heute noch. Ich bin jetzt im 80. Lebensjahr. Aber ich spüre nichts. Ich bin überzeugt, dass die Leute viel zu wenig Bewegung machen.
Darauf spielt auch der Titel Ihres Buches an...
Ja: Andere gehen zum Arzt, ich zum Nordkap.
Haben Sie Tagebuch geführt?
Ich habe ein Wanderbuch mit Bestätigungen der Übernachtungen und Stempeln. Die Pläne und Karten über meine Etappen füllen zwei Ordner.
War das Buch, das es seit kurzem gibt, geplant?
Ich wollte das eigentlich gar nicht. Aber mehrere Leute haben mich angesprochen. Da habe ich mich zum Computer gesetzt und zu schreiben begonnen. Interessant, wenn man den Anfang gemacht hat, hört es gar nicht mehr auf. Dann ist es einfach gerollt. Für mich ist es jetzt eine Genugtuung, dass ich es gemacht habe.