Ein energisches Grunzen ist aus dem Wald zu hören, zu sehen ist weit und breit aber kein Schwein. Das Areal scheint zu groß, um ständig eines erblicken zu können. Wenn dann eines angelaufen kommt, katapultiert es sich mit Schwung in den Schlamm. „Das ist es, was ich unter dem Wort Paradies verstehe“, streicht Josef Zotter über einen Weidenast. „Sonne, Schatten, Schlamm, frisches Gras und Auslauf ohne Ende.“ Das tierische Leben im und um den neuen Laufstall in Auersbach kann sich sehen lassen – was danach kommt, möchte Zotter nun ebenso augenscheinlich machen. In seinem neuen „ÖKO Speck Takel“ essen die Augen jetzt buchstäblich mit.

„Speck Takel“ spielt alle Stücke

„Das Fleisch im Supermarkt hat keinen Kopf, keine Seele; die Leute kaufen das, essen und werfen das Übriggebliebene weg. Weil es wenig kostet, keine Emotionen hat und eh wurscht ist. Mit meinem Tiergarten möchte ich dem Fleisch wieder eine Seele geben“, erklärt Josef Zotter sein Konzept auf dem Anwesen in Bergl. Dort – mitten im essbaren Tiergarten – wo ursprünglich die Ökobar-Essbar zum Genuss-Orchester lud, spielt der Bio-Visionär im wahrsten Sinne des Wortes nun alle Stücke:

Das neue „ÖKO Speck Takel“, ein Beitrag zur allgemein geführten „Fleisch-Kontroverse“, stellt nicht nur die beste Haltung der Zotter-Tiere, sondern auch die handwerklich traditionelle und natürliche Veredelung des Fleisches zur Schau – verarbeitet werden alle Teilstücke der Tiere, sozusagen „Nose to Tail“. Und diese wollen die Zotters dem breiten Publikum in einer Art „gläsernen“ Fleischerei näherbringen.

„Es klingt widersinnig, aber der essbare Tiergarten und das ÖKO Speck Takel sind mein Weg zu weniger Fleischkonsum. Fleisch kommt mir maximal zweimal in der Woche auf den Teller und ausschließlich daheim“, erklärt Josef Zotter und Tochter Julia ergänzt: „Wir wollen die Menschen hier nicht zu Steakessern erziehen, wir wollen, dass sie als Halb-Vegetarier wieder hier rausgehen“, so die Jungunternehmerin bei einem Rundgang durch die neue Fleischmanufaktur. „Auswärts sind wir beide ohnehin schon meist Vegetarier, weil wir das viele Tierleid einfach nicht vertreten können“, argumentieren die beiden Unternehmer.

Es riecht einerseits nach Geselchtem, andererseits aber auch nach Fensterputzmittel. Die ersten Sonnenstrahlen blitzen in die gläserne Fleischmanufaktur. Hinter den Glaswänden sieht man Josef Winkler, wie er aus dem Rindfleisch der Tiere aus dem hauseigenen, „essbaren Tiergarten“ einen Leberkäse zaubert. Ein talentierter Fleischhacker, einer der alten, wie Josef Zotter ihn umschreibt. „Wenn man bedenkt, dass heuer in der Steiermark nur noch acht Jugendliche die Fleischhackerlehre begonnen haben, dann ist es umso wichtiger, dass man dieses Handwerk weiterleben lässt, wenn man die Möglichkeit dazu hat“, argumentiert Zotter.

Im Raum nebenan werden gerade Schinken gewürzt, Burger-Pattys gemischt und köstliche Würste gefüllt. „Und das alles zum Zuschauen und zum Verstehen. Und verkosten darf man natürlich auch“, freut sich Josef Zotter. Kompositionen wie „Schweinehaut und Grammel-Nougat“ oder die „Knochen-Best“ (Best of Bone) warten hier. Und für jene vegetarischen Augen, die das nicht mit ansehen können oder wollen, hat Josef Zotter vor Ort auch Kunst installiert. „Für alle ist was dabei“. Ab nächster Woche startet ein Speck-Takel-Roboter durch, der die „Sautanz-Schoko“ verkosten lässt.

Mit Ihrer neuen „Fleischbeschau“ möchten die Zotters die beste Qualität des aus gewissenhafter Haltung stammenden Bio-Fleisches unterstreichen. Die Schlachtung der Tiere – zum Teil auf der Weide – spielt für den Bio-Bauern und Schokoladenerzeuger eine wesentliche Rolle: „Biodiversität und Kreislaufwirtschaft sind jene Worte, bei denen es in meinem Bauch zu kribbeln beginnt. Das ist der Motor, der mich antreibt. Zu sehen, dass alles auf einer natürlichen Basis funktioniert. Vom ersten Atemzug auf der Weide, bis zum letzten und das völlig ohne Stress.“

Glückliche Kinder und Rinder

Dass Zotter polarisiert, ist ihm bewusst. „Viele Leute kritisieren uns: Ma, wie schade, all die Tiere müssen auch geschlachtet werden“, berichtet der Unternehmer. „Natürlich sind mir die Tiere ans Herz gewachsen, aber ich esse sie auch gerne und ja, man darf Fleisch essen“, argumentiert Julia. „Es geht eben um das große Ganze, das es zu betrachten gilt: Einerseits spielen die Kinder hier und sind glücklich, auf der anderen Seite grasen hier glückliche Rinder. Ist das nicht das Leben?“, philosophiert Josef Zotter.

Zwar konnte das Gebäude der Öko-Essbar nutzen, rund 650.000 Euro wurden für die Fleischmanufaktur nachinvestiert. Geöffnet hat das neue Öko-Specktakel von Montag bis Samstag von 9 bis 19 Uhr.