„Ich kenne kein Gerinne im Bezirk, in dem der Biber noch nicht ist“, erklärt Paul Lamprecht, Gewässermeister bei der Baubezirksleitung Südoststeiermark. Jahrhundertelang war der Biber in Österreich ausgerottet, infolge von Bejagung und Zerstörung seiner Lebensräume. Seit etwa 24 Jahren besiedelt das emsige Nagetier wieder Gewässer in der Steiermark, heißt es vonseiten der Biberberatung.

Die Konfliktberatung der Landesbiberstelle dürfte wichtiger werden, denn seit rund vier Jahren „wird er zunehmend zur Herausforderung für den Lebensraum und die Landwirtschaft. In gewisser Weise ist er damit ‚der Wolf der Südoststeiermark‘“. Unter dieser Prämisse luden kürzlich Regionsvorsitzender Franz Fartek, Baubezirksleitung (BBL) und Landwirtschaftskammer (LWK) sowie Johann Winkelmaier, Bürgermeister von Fehring, zum Gespräch. „Gerade in der kleinstrukturierten Gewässerlandschaft in der Südoststeiermark sorgt er für Probleme“, wissen Gewässermeister Lamprecht und LWK-Südost-Obmann Franz Uller. Sie beschäftigen sich fast täglich mit den Auswirkungen der Biber im Bezirk.

Bürgermeister Johannes Winkelmaier, Baubezirksleiter Markus Pongratz, Regionsvorsitzender Franz Fartek, LWK-Obmann Franz Uller und Gewässermeister Paul Lamprecht plädieren für stärker eingreifende Möglichkeiten zum Umgang mit Bibern und von ihnen verursachten Schäden
Bürgermeister Johannes Winkelmaier, Baubezirksleiter Markus Pongratz, Regionsvorsitzender Franz Fartek, LWK-Obmann Franz Uller und Gewässermeister Paul Lamprecht plädieren für stärker eingreifende Möglichkeiten zum Umgang mit Bibern und von ihnen verursachten Schäden © KLZ / Jonas Rettenegger

Vor- und Nachteile der Bautätigkeit des Bibers

Die Probleme treffen hauptsächlich Landwirte: Die südoststeirischen Biber überfluten Felder, nagen Bäume an, ziehen Gräben durch Felder oder bauen Höhlen, durch die Uferstreifen einstürzen – und sie fressen gerne verschiedenste Feldfrüchte. „Von November bis Mai ist er unser Problem, dann plündert er die Woazäcker“, schildert Lamprecht. Für ihn als Gewässermeister ist der Biber ständig präsent, denn Grundeigentümer der Uferbereiche ist fast überall die Republik Österreich. Zuständig und verantwortlich ist also die BBL unter Leiter Markus Pongratz, heißt: Sie halten rund 2000 Kilometer Wassernetz instand und achten dabei auch auf den Umweltschutz. Schließlich sind Wasserwirtschaft und Naturschutz beides Zuständigkeitsbereiche der Abteilung.

Paul Lamprecht zeigt, welche Schäden durch die Nager er täglich beobachtet
Paul Lamprecht zeigt, welche Schäden durch die Nager er täglich beobachtet © KLZ / Jonas Rettenegger

Doch gerade wegen seiner fleißigen Umgestaltung seines Lebensraums ist der Biber in der EU streng geschützt und wird von Biologen als Schlüsselspezies betrachtet: „Er verbessert die Wasserqualität und hat eine positive Wirkung auf den Wasserhaushalt.“ Zudem profitieren zahlreiche andere Tierarten von seiner Arbeit.

Streng geschützte Art

Seinem Schutzstatus entsprechend gering sind die Möglichkeiten, Maßnahmen gegen ihn zu ergreifen. Nur in Absprache mit dem Bibermanagement und der Naturschutzabteilung des Landes können etwa Dämme verkleinert werden. Das sei zu wenig, wie die Betroffenen erklären, auch wenn sie sich grundsätzlich für einen Schutz aussprechen. „Der Schutz des Bibers steht außer Frage. Allerdings führt eine Überpopulation zu Problemen, die für Betroffene und die Allgemeinheit enorme finanzielle und menschliche Herausforderungen bedeuten“, so Winkelmaier.

Vor allem eine fehlende Entschädigung bei Biberschäden kritisiert Uller: „Wenn wir bei absehbar überfluteten Feldern nicht entschädigt werden, grenzt das an Enteignung.“ Nur für Präventivmaßnahmen gibt es Geld vom Land. Sehnsüchtig blickt er nach Niederösterreich, wo in Einzelfällen Biber entnommen oder Biberdämme abgetragen werden dürfen – eine ähnliche Regelung wünscht er sich für die Steiermark: „Wir brauchen endlich Lösungen und keine weiteren Gesprächsrunden.“

Und auch die BBL sowie Fartek und Winkelmaier fordern, dass die gesetzlichen Regelungen an die Umstände in der besonders betroffenen Südoststeiermark angepasst werden. Mit seiner Aktivität arbeite der Nager auch gegen die Bemühungen, die Region vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen, so Pongratz. Mit wenig Aufwand und äußerst beständig zerstöre er Fischtreppen, verstopfe Drainagen und sorge für Verklausungen – das sei fatal bei Hochwasser. „Auf der einen Seite bauen wir den Hochwasserschutz aus, auf der anderen Seite baut der Biber die Flüsse und Bäche zu“, erklärt auch Fartek.