Montag, 9.25 Uhr vor der Tierwelt Herberstein: Man könnte es die Ruhe vor dem Sturm nennen, denn noch mischen sich keine Piep- oder Schweißgeräusche unters Vogelgezwitscher. Nur ab und zu wendet ein Auto quietschend - nicht alle haben die Umleitung über Kaindorf und Kaibing rechtzeitig bemerkt. Montagmorgen-Stimmung. Aber auch hinter der Absperrung liegt bei den ersten Anwesenden so etwas wie nervöse Anspannung in der Luft. In nur wenigen Stunden soll die Brücke bei der Tierwelt Herberstein versetzt werden. Sie soll in Zukunft die Besucherinnen und Besucher sowie Radfahrerinnen und Radfahrer sicher über die L409 bringen. Doch zuerst muss sie selbst erst einmal sicher ihr Ziel erreichen.
24 Meter lang, lichte 3,10 Meter breit, aus Brettschichtholz gefertigt, knapp 24 Tonnen schwer, mit einer Durchfahrtshöhe von rund 4,60 Metern - soll die neue Brücke an diesem Tag auf ihrem zukünftigen Platz landen. Lego für Erwachsene - aber auch in diesen Dimensionen handelt es sich um Millimeter-Arbeit. Ein neuralgischer Punkt sind beispielsweise die Schweißgründe am Fundament, wo die Brücke aufgesetzt wird, wie Christoph Fischer von Spener Ziviltechnik erklärt. "Da dürfen wir maximal zwei Zentimeter abweichen." Aber er sei zuversichtlich, bei der letzten Messung lag diese bei neun Millimeter. "Es war schwierig den Platz für die Zufahrtsrampe zu finden, da der Raum begrenzt war. Durch das Gefälle der Straße ergibt es sich auch, dass die Rampe auf einer Seite höher ist. Brücke und auch Rampe haben ein Gefälle von sechs Prozent", gewährt Fischer, der von Beginn an in die Planungen involviert war, weitere Einblicke.
Die Arbeiten an der Brücke, die nach ihrer Ankunft Anfang April am Gelände des nahe gelegenen Marienhofs "geparkt" wurde, dauerten bis zuletzt. Grund dafür: das Regenwetter der vergangenen Tage. So wurde beispielsweise das Dach erst am Sonntag fertig, wie Bauleiter Ulrich Spener wenig später berichten wird. Er hat an diesem Tag auch gleich 34 Schüler der HTL Pinkafeld im Gepäck - Lernen in der Praxis. Mit weißen Helmen am Kopf und gezücktem Handy sind sie voll bei der Sache.
Klacken, klirren, kommandieren
Während aus dem Vormittag schön langsam Mittag wird, kommt immer mehr Bewegung in die Szene. Der Puls steigt. Es wird geklackt, geklirrt und kommandiert. Platten werden verlegt, damit der Kran nicht im vom Regen aufgeweichten Boden einsinkt. Knallorange Seile, die an überdimensionierte Spaghetti erinnern, werden entwirrt. Extrem starke Spaghetti - eines von ihnen kann 25.000 Kilo tragen - sprich die ganze Brücke. Am Ende werden sie mit anderen Trägern trapezförmig zusammengestellt, um die Brücke anzuheben und um 90 Grad in ihre zukünftige Position zu manövrieren.
Alles unter den Augen von Ulrich Spener und Alexia Getzinger, der Chefin der Tierwelt Herberstein, die es sich am niedrigeren Fundament gemütlich gemacht haben. "49 Tage sind seit Baustart und heute vergangen", rechnet Getzinger aus. Nachdem sie sich, wie einige andere auch, eine entscheidende Frage gestellt hat - "Könnte der Wind zum Problem werden?" Nein - nicht so lange Kranfahrer Dragan keinen Einspruch erhebt. Und dieser blickt mit der Coolness und auch der Frisur von Fernsehkommissar Kojak auf die Kulisse.
Und siehe da, wenig später trifft auch die Hauptdarstellerin ein, die im Rückwärtsgang an ihr Ziel chauffiert und in die trapezförmige Haltevorrichtung eingespannt wird. Noch einmal wird Maß genommen und schon weniger später segelt die Brücke auch schon über der Erde wie von Geisterhand. Ein "Ooooh" und "Wau" geht durch die Reihen. Ein echter Lückenschluss. Kojak, äh Dragan sei Dank.